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Channel: Wiener Alltagsbeobachtungen
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In Wien gibt es Berge?

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Heute früh, auf dem Weg mit Rucksack, Stecken und Schneeschuhen zur Rax. Steige gerade aus der U6 in Meidling aus. Vor mir drei offensichtlich ordentlich betrunkene junge Männer. Einer hat lediglich eine kurze Radlerhose an und dünnes Leiberl, die anderen Winterjacken. Sie fotografieren einander, scherzen offensichtlich über die Kurzhosigkeit des anderen. Dann geh ich vorbei: Alle drei drehen sich um - ungläubiges "Wo zum Teufel kommst DU her?" höre ich hinter mir sagen.

Ich gehe weiter, treffe meinen Wanderpartner, der gleich ausgerüstet ist. Am Bahnsteig neben dem Railjet springt plötzlich einer der jungen Männer heraus:

"Des interessiert mich jetzt wirklich. Wo kommt IHR her??"
"Aus Wien."
"WO GIBT ES IN WIEN BERGE?"




Studentenproteste in der Innenstadt

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Die neue alte Große Koalition hat zwei wesentliche Zugeständnisse an die FPÖ gemacht:

Zum Einen wurde das erst unter der letzten Amtszeit gegründete Integrationsstaatssekretariat ins Außenministerium integriert, was schon einmal ein grundfalsches Signal für die Zukunft ist, und wieder einmal verleugnet, dass ÖSTERREICH EIN ZUWANDERUNGSLAND ist, heast. Die daStandard-Journalistin Olivera Stajić führt in diesem Kommentar aus, was so schlimm an dieser Weichenstellung ist. 

Besonders befremdlich dabei die Aussage des Vizekanzlers: 
... Spindelegger: Kurz habe als Integrationsstaatssekretär mit Menschen zutun gehabt, "die anders ausschauen und anders denken".
Kurz hat zwar dem Amt des Integrationsstaatssekretärs einen seriöseren Anstrich gegeben als es die FPÖ jemals durch ihre Ausländerhetze hätte geben können, aber selbst dort mit seinem Mantra "Integration durch Leistung" nur den ökonomischen Nutzen von Migranten betont. Auch Dino Sose kritisiert in einer Presseaussendung die Umsiedlung und Abwertung der Integrationsagenden scharf:
Migration und Vielfalt werden auf das "Ausländerproblem" reduziert, Migranten und Migrantinnen erneut als Außenstehende stigmatisiert.
Das zweite Zugeständnis an das Damoklesschwert ÖVP-FPÖ-Koalition mit Stronach-Appendix war die Exklusion des Wissenschaftsministeriums ins Wirtschaftsministerium. Selbst wenn der amtierende Wirtschaftsminister Mitterlehner beteuert, es werde keinen Unterschied machen und die Grundlagenforschung würde auch künftig nicht angetastet, so ist das symbolische Signal erneut fatal.
Weil die ÖVP unbedingt ein Familienministerium möchte, das Familie nach traditionellen Vorbildern lebt (nein zur Gesamtschule ...), sind keine zusätzlichen Ressourcen mehr für höhere Bildung vorgesehen.

In ihrem Leitkommentar im Standard kritisiert Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid:
Es ist ein Zeichen, dass Forschung und Lehre in Österreich weder finanziell noch strukturell die Unterstützung haben, die sie gemäß ihrer Bedeutung bei der Zukunftssicherung des Landes haben sollten. Österreich hat keine Rohstoffe und muss daher auf das Know-how seiner Menschen setzen.
Entsprechend scharf fällt die Reaktion der Universitäten aus. Sie hissten vorgestern Trauerflaggen und gab österreichweit allen Studenten frei, um an Demonstrationen gegen die Abschaffung des Wissenschaftsministeriums teilnehmen zu können. Auch ich war einmal Student in Österreich, sechs Jahre lang, und habe es als meine moralische Pflicht gesehen, an der Demonstration teilzunehmen und vor allem darüber zu berichten, was ich hiermit tue.

Es beginnt am Dienstag, 17. Dezember 2013, 16.30, vor der Hauptuniversität - schwarz beflaggt


Eine Kapelle spielt nach der ersten Ansprache auf dem Schottenring. Bereits jetzt haben sich mehrere hundert, wenn nicht schon tausend Studenten versammelt. Die Stimmung ist ruhig. Diskussionen im Gange.

Mit Trillerpfeifen und Plakaten biegt der Demostrantenzug in die Schottengasse ein, flankiert von Passanten und Touristen, die mehr verwundert sind, was hier los ist. Polizei ist auch da, aber noch ist alles ruhig. Hektik verbreiten höchstens die zahlreichen Pressefotografen und Möchtegernfotografen wie ich ;)


Hier die Plakate der ÖH:


Psychologisch geschickte Routenführung durch die Herrengasse, durch die sich der Demonstrationszug in die Länge zieht und trotz der weitaus geringeren Teilnehmerzahl als bei den gestrigen Beamtendemos größer erscheint. 


Für mich ein unguter Standort und Moment. Plötzlich zünden zwei Demonstranden Bengalenfeuer an, kurz darauf explodiert ganz in der Nähe auf der anderen Gassenseite ein Knallkörper, obwohl hier ganz viele Menschen eng zusammenstehen. Daraufhin kommen wieder typisch linksradikale Kampfphrasen (A-Anti-Antikapitalista) und "Hoch die internationale Solidarität!", die jetzt thematisch nur indirekt etwas mit dem Thema der Demonstration zu tun haben. Ob beabsichtigt oder nicht, nach einem Moment der Lähmung übertönen die anderen Demonstranden die Gesänge mit dem Hauptslogan der Demo, den ich leider wegen des Lärms nicht verstanden habe. So blieb der radikale Kern bis dato in der Minderheit. Die sich sammelnde Polizei veranlasste mich jedoch, mich wieder vor den Zug zu begeben. 


Am Michaelerplatz wartete für mich dann auch eine Überraschung: Ein unabhängiger zweiter Demonstrationszug hatte sich dort gebildet und beide vereinten sich dann auf dem Platz. Eine großartige Idee und Stimmung, dies vor dem Antlitz der Hofburg zu tun, wo zahlreiche PelzmäntelträgerInnen und Touristen auf und ab gingen. So wurde der Protest gehört.


Nach dem die Presse ausgiebig alle Plakate abfotografieren durfte, setzte sich der Zug gemeinsam mit nun mehreren tausend Teilnehmern Richtung Ballhausplatz in Bewegung.


Kurz davor zwangen allerdings Absperrungen und bullig aussehende Polizisten (eine zweite Reihe mit Helmen stand daneben) die Demonstranten zum Abbiegen Richtung Minoritenplatz, wo die Schlusskundgebung stattfand.


Da mir dann entsetzlich die Füße froren, ging ich nach Hause, hörte in Höhe Volksgarten einen weiteren Knallkörper explodieren und offenbar flogen auch Farbbeutel gegen das Innenministerium.

In Summe aber eine friedlich gebliebene Demonstration ohne größere Zwischenfälle, und erfreulicherweise waren wirklich eine stattliche Zahl an Menschen anwesend, die sich diesen "neuen Stil" der Regierung nicht gefallen lassen wollen.

Sehr enttäuschend, dass der Bundespräsident Heinz Fischer, der selbst einmal Wissenschaftsminister war, die Abschaffung desselben abgesegnet hat, und dass der Slogan

"Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten! Und wer war mit dabei? Die Volkspartei!" 

wieder einmal zutreffend war. Was diesem Land fehlt, ist eine starke Linkspartei und nicht die 57. Abspaltung aus dem ÖVP oder FPÖ-Lager.

Trottelfahrt

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Da stehe ich in der Früh rechtzeitig auf, bin sogar rechtzeitig am Johann-Nepomuk-Berger-Platz und habe die Wahl zwischen dem 2er und 44er. Im Internet wird mir nur der 2er vorgeschlagen, aber auf der Anzeigetafel des 44er sehe ich den 44er noch ein paar Minuten früher kommen. Toll, denke ich mir, da kann ich auch den 44er nehmen. Ich bin so fixiert auf die Anzeige, das ich rasch einsteige, obwohl der Vorsprung des 44er gegenüber dem 2er auf zwei Minuten zusammenschmolz. Ich packe die Zeitung aus, beginne zu lesen, und wundere mich auch gar nicht, als der 44er nach kurzer Fahrt auf der Ottakringer Straße in die Teichgasse einbiegt. Erst an der Haltestelle Mayssengasse bemerke ich den verheerenden Irrtum: diese Haltestelle entspricht nicht der üblichen Route zum Schottentor, sondern wieder zurück nach Dornbach! Im letzten Moment springe ich aus dem 44er und laufe zurück zum Johann-Nepomuk-Berger-Platz, wo der 2er natürlich längst abgefahren ist. Statt einer entspannten Öffi-Fahrt, die sich zeitlich wunderbar ausgegangen wäre, bleche ich 20 € bei einem ziemlich schweigsamen, radiolosen Taxifahrer, um an mein Ziel zu kommen, der überdies auch nicht übertrieben versucht, die roten Ampeln zu verpassen. Jetzt kenne ich auch den Grund, weshalb der 44er in der Früh nicht als Variante angeboten wird.

Nachdem mir das schon das zweite Mal passiert ist, dass ich in der Rosensteingasse die falsche Bim erwischt habe (beim ersten Mal nahm ich die 44 statt 9, als ich zum Westbahnhof wollte, weil die depperten Zeitangaben die Reihenfolge der beiden Linien bisweilen vertauschen), heißt es künftig: Entweder nicht mehr schasaugert sein, oder auf Nummer sicher gehen: Richtung Schottentor besser zur Haltestelle Frauengasse gehen, wo vorgestern sogar der 43er fuhr. Da besteht keine Gefahr, in die falsche Richtung zu fahren.

Generell ist der Johann-Nepomuk-Berger-Platz in der bestehenden Gestaltung ungustiös, da man als Fußgänger immer an mindestens einer Ampel warten muss, um die Haltestellen zu erreichen. Bei viel Verkehr sieht man dann gemütlich die Bim davonfahren, oder hat zeitgleich mit der Bim, die man erwischen wollte, grün.

Warum gibt es keine "Gratis-Öffis" in Wien?

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In der estnischen Hauptstadt Tallinn funktioniert es scheinbar: Dank Gratis-Öffis ging der Autoverkehr um 15 % zurück. Gratis ist das Ticket allerdings nur für Einwohner mit Hauptwohnsitz in der Stadt, Touristen zahlen deutlich mehr.

Könnte so ein Modell auch in Wien funktionieren und muss es das?

Die Öffis in Wien sind im Städtevergleich erheblich günstiger als z.B. in München, Stuttgart oder Innsbruck. Dennoch können sich Menschen, die an der Armutsgrenze leben, das Jahresticket von 370 € immer noch nicht leisten. Auch ein 24-Std.-Ticket für 7,10 € ist für Gelegenheitsfahrer eine Menge Geld.

Die Öffis von heute auf morgen gratis anzubieten würde die Kapazitätsgrenzen der Wiener Linien sprengen. Schon jetzt sind die U-Bahnen vielfach ausgelastet, nur die U2 hat mehr Platz, profitiert in der Innenstadt aber auch von den Ringstraßenbahnen. Die Infrastrukturmühlen mahlen jedoch sehr langsam. Zwar ist es löblich, den U-Bahn-Ausbau voranzutreiben, bevor man einen neuen Stadtteil (konkret: Aspern - Seestadt) hochzieht, aber warum prioritär nicht der U1-Ausbau vorangetrieben wurde, oder man über eine bessere Anbindung für Pendler nachgedacht hat, erschließt sich mir nicht ganz. Am Monte Laa im zehnten Bezirk wartet man seit 10 Jahren auf eine bessere Anbindung als eine einzige Buslinie, die nicht einmal einen Nachtbus (nur ein Anrufsammeltaxi) vorweisen kann, die aber von zehntausend Bewohner genutzt wird (werden muss).

Bevor also weitere Anreize geschaffen werden, auf die Öffis umzusteigen, muss man erst die vorhandenen Kapazitäten erweitern. Vielfach geht die Erweiterung fast zwangsläufig auf Kosten des Individualverkehrs und das ist ein ganz heißes Eisen in Wien, an dem sich auch die amtierende Vizebürgermeisterin Vassilakou schon die Finger verbrannt hat.

Wenig verwunderlich diskutieren auch die Jungen Grünen das Tabuthema Gratis Öffis, im Blogbeitrag ist auch eine Liste mit Städten weltweit, die Öffis gratis anbieten, verlinkt.

Im Mai 2011 wurde diese Aussendung publik:
Dazu Susanne Empacher, Bezirksrätin der KPÖ: "Attraktivere öffentliche Verkehrsmittel in Wien und sogar Gratis-Öffis sind finanzierbar, wenn z.B. die U-Bahn-Steuer, welche Unternehmen zu bezahlen haben, erhöht würde. Gegenwärtig bezahlen Dienstgeber pro beschäftigten Arbeitnehmer pro Woche 0,72 Euro. Eine Verdoppelung dieser Abgabe, die kein einziges Unternehmen in den Ruin treibt, würde (berechnet auf rund 800.000 Beschäftigte in Wien) cirka 30 Millionen Euro im Jahr an zusätzlichen Mitteln erbringen."
Querfinanzierung also, die den Individualverkehr nicht belastet? Denn dies ginge auch über die Anhebung der Parkgebühren (Parkplätze sind jetzt schon rar gesät) oder über die Einführung einer City-Maut - beides natürlich zulasten des Individualverkehrs.

Der Verkehrsclub Österreich, VCÖ, ist gegen "ticketfreie"Öffis, da die Finanzierung über Steuererhöhungen und/oder Abgabenerhöhungen laufen müsste, und auf die Einnahmen durch den Ticketverkauf nicht verzichtet werden könne, da man sonst gänzlich vom Wohlwollen der Politik abhinge.

De Berliner Grünen würden gerne Gratis-Öffis einführen, habe jedoch keine Ahnung, wie sie das finanzieren sollen. Kritisch beurteilt das der Berliner Tagesspiegel, der außerdem anführt, wo und warum das Konzept anderswo gescheitert ist, meist nämlich an den Finanzierung. Zudem locke die Gratisfahrt auch unerwünschte Fahrgäste wie Drogendealer an oder beschert den Bussen zu viele Kurzstreckenfahrer, was die Busfahrt verzögere. Im Dradiowissen widmet man sich auch der Frage, warum man nicht schon längst in den Ausbau von Strecken und Verlängerung von Bahnsteigen (um mehr Wagons anzuhängen und damit Kapazitäten zu steigern) investiert habe, da diese meist noch auf dem Stand der 60er und 70er Jahre seien.

Zu guter Letzt noch ein Beitrag von ''Zukunft Mobilität'':

  • Demnach wirkt sich der Verkehrsverlagerungseffekt nicht nur positiv aus, da neben Autofahrern auch Radfahrer und Fußgänger vermehrt Wege mit den Öffis zurücklegen. 
  • Dafür sinken die Unfallzahlen beträchtlich, was aber nicht das primäre Ziel des Gratis-Nahverkehrs sein dürfte. 
  • Das für Konsum verfügbare Haushaltseinkommen steigt, kann aber auch verstärkt zur PKW-Nutzung anreizen. 
  • Für die Stadt steigen die Kosten deutlich an, zudem muss bei stark steigendem Fahrgastaufkommen in den Ausbau der Infrastruktur investiert werden, was kurzfristig keine Verbesserung bringt (siehe Ausbau der U1 in Wien: Eröffnung erst in 4 Jahren, U5 derzeit nicht vor 2020 realisierbar)
Der Autor führt außerdem aus, dass das Fahrgastaufkommen in den bisherigen Städten mit Gratis Öffis zuvor gering war, aber diese Kapazitäten in Großstädten nicht gegeben sind.
Eine starke Überlastung des Verkehrsnetzes senkt nicht nur die Attraktivität für Neukunden sondern auch für Bestandkunden. Große Verspätungen, überfüllte Fahrzeuge und verlängerte Fahrzeiten wegen längerer Haltestellenaufenthaltszeiten deattraktivieren das gesamte öffentliche Verkehrsangebot und stärken andere Verkehre insbesondere den Pkw-Verkehr.
und weiter
Der Erfolg in Hasselt lag auch nicht nur an der kostenfreien Nutzung des ÖPNV, sondern vor allem in den flankierenden Maßnahmen. So wurde die Zahl der Parkplätze verringert und die Parkgebühren angehoben. Hinzu kamen flächendeckende Geschwindigkeitsreduktionen und Verkehrsberuhigungsmaßnahmen [....]
Zusammengefasst scheitert es also nicht nur an der Finanzierung, sondern an der verkehrten Reihenfolge. Im Prinzip müsste man in Wien mit dem Konzept fortfahren, das man mit dem Ausbau der U2 in den noch nicht vorhandenen Stadtteil Aspern-Seestadt begonnen hat: Erst die Infrastruktur ausbauen, um Kapazitäten steigern zu können und auf ein massiv erhöhtes Fahrgastaufkommen reagieren zu können. Dann die Preise weiter senken bzw. gar auf Null reduzieren. Gegenfinanzierung entweder durch erhöhte Abgaben oder Verteuerung bei Parkgebühren. Geht man nicht in dieser Reihenfolge vor, erweist man den Öffi-Kritikern einen Bärendienst: Denn im Auto stehen viele Menschen immer noch lieber im Stau als in überfüllten Öffis.

Skiunfälle

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Unabhängig davon, wie pietätvoll die immense Berichterstattung in allen Medien ist, die vor Live-Tickern in Quantitätszeitungen und Live-Schaltungen in Qualitätsradiosendern nicht zurückschreckt, stellt sich die Frage, warum gerade beim Skifahrern oft tödliche Unfälle passieren oder zumindest Unfälle mit erheblichem Verletzungsrisiko.

Skifahren zählt zu den Sportarten, die man wirklich lernen muss, das man nicht gleich beim ersten Mal kann, und das bei schwierigen Schneeverhältnissen Erfahrung und technisches Können voraussetzt. Skifahren wird durch die schiefe Ebene erst zur Herausforderung. Denn gleich mehrere Faktoren erhöhen das Unfallrisiko:
  • Lawinengefahr
  • Geschwindigkeit
  • Kollisionsgefahr mit Bäumen, Zäunen, Felsen
  • Kollisionsgefahr mit anderen Skifahrern
  • Beschaffenheit der Schneeunterlage (Kunstschnee, Eis, Tiefschnee)
  • Steilheit des Geländes
Das Leben ist Risiko. Abseits der Pisten zu fahren erfordert eine gute Selbsteinschätzung, sich das immer und überall zutrauen.Wer sich abseits der Pisten bewegt, handelt solange eigenverantwortlich, wie er potentielle Retter nicht in Gefahr bringt, etwa in schwer zugänglichem Gelände oder bei hoher Lawinengefahr. Das gilt natürlich gleichermaßen auch bei Skitourengehern, und bei Schneeschuhgehern, zu denen ich mich selbst zähle, auch wenn diese sich seltener in größeren Höhen und lawinengefährdetem Gelände bewegen. 

Auf Pisten selbst ist die Verantwortung sogar noch größer, denn wer als Pistensau in unkontrollierbarem Tempo rast und damit andere Skifahrer gefährdet, potenziert das Unfallrisiko. Die kürzeren Carving-Skier haben die Geschwindigkeit noch erhöht, was besonders auf stark frequentierten Pisten die Kollisionsgefahr erhöht. Geschwindigkeit kann man selbst jedoch schwer einschätzen und wenn wir uns in ein Verkehrsmittel setzen (ja setzen, also uns selbst nicht bewegen), verlieren wir das Gespür für hohe Geschwindigkeiten. Deswegen neigen wir als Autofahrer eher dazu, zu schnell zu fahren. Hohe Geschwindigkeiten und fahrende oder stehende Hindernisse, eine risikoreiche Mischung.

Nicht zuletzt droht eine weitere Gefahr von der Beschaffenheit der Schneeunterlage. Skifahren als Trendsport boomt und die Tourismusgebiete öffnen die Skigebiete immer früher, selbst wenn es noch nicht genügend Schnee liegt oder es nicht kalt genug für eine langfristige Beschneiung ist. Kunstschnee weist jedoch eine viel größere Dichte als Naturschnee auf, was unmittelbar zu brettlharten Pisten führt. Nun wird aber gerade in einer Jahreszeit oft beschneit, in dem Warmlufteinbrüche besonders häufig auftreten: Denn klimatologisch herrscht im Spätherbst ein Föhnmaximum, verbunden mit Tauwetter, warmer Höhenluft und Gefahr vereister Schneeoberflächen, teils auch durch den heftigen Wind bedingt. Eisige Pisten sorgen vor allem für einen Anstieg bei Knochenbrüchen bzw. Verletzungen im Becken- und Schulterbereich.

Ich z.B. fühle mich generell bei Sportarten unwohl, bei denen große Geschwindigkeiten erreicht werden, deswegen verzichte ich auf Skifahrten, Steilabfahrten mit dem Rad und Rodeln auf vereisten Wegen. Dank der Schneeschuhe kann ich dennoch in Gelände vordringen, das mir bei tiefwinterlichen Verhältnissen sonst verwehrt bleibt. Ebenso wie Skitourengeher muss ich auf die Steilheit des Geländes achten, auf die Schneebeschaffenheit (etwa bei Hangquerungen) und auf die Lawinengefahr. Dafür ist die Verletzungsgefahr durch Kollision mit Natur und Umwelt deutlich minimiert. Ich hätte besonders Angst davor, selbst als versierter Skifahrer, von vertrottelten anderen Skifahrern umgemäht zu werden, die es nicht sind.

Zusammengefasst ist Skifahrern kein Sport für Jedermann und nur in wenigen Fällen gänzlich eine Sache der Eigenverantwortung, etwa dann, wenn man alleine auf der Piste unterwegs ist, bzw. alleine abseits der Piste in lawinensicherem und gut zugänglichem Gelände. Die Verantwortung steigt, wenn man als Begleitperson oder Familienmitglied mit Anfängern und/oder Kindern unterwegs ist. Sie steigt besonders, wenn man alleine trotz erhöhter Lawinengefahr im freien Skiraum unterwegs ist. Denn dann bringt man die Retter in Gefahr - das gilt insbesondere dann, wenn das Wetter keine Hubschrauberbergung zulässt, etwa bei schlechter Sicht (Nebel, Schneefall) und bei starkem Wind.

Oder anders gesagt: Man muss sich auskennen, aber selbst das schützt nicht vor Kollisionen auf übervollen Pisten.

Die Frage nach der Herkunft

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Die Frage nach der Herkunft wird mir oft gestellt, und inzwischen ist die Frage lästig geworden. Herkunft, das ist für mich eng verbunden mit dem Dialekt, genauer gesagt, dem bei mir nicht vorhandenen Dialekt. Zuletzt wurde ich gar nach Norddeutschland verfrachtet, und überhaupt verlief der Dialog mit einem mir bis dato unbekannten Menschen alles andere als erfreulich:
Sag mal, kommst Du aus Deutschland?
Ja. (rhetorische Frage ...)
Was macht ein Deutscher in Österreich?
Ich lebe seit neun Jahren hier! (irritiert über die Fragestellung)
Verstehst Du denn Dialekt?
Ich verstehe alle Dialekte in Österreich! (etwas weit aus dem Fenster lehnend, aber tatsächlich schon mit jedem Bundesland-Dialekt konfrontiert gewesen)
Das heißt, ich muss jetzt nicht hochdeutsch reden? 
Nein! (seufzend, denn ich liebe Dialekte über alles, sie bringen Authentizität in die Region)
Selten ist der Einstieg ins Gespräch klischéehafter verlaufen. Ja, ich rede eher hochdeutsch als Dialekt, da ich dialektfrei aufgewachsen bin. Zu meinem bitteren Leidwesen, weil Dialekte so etwas wie Duftmarken sind. Wenn sich zwei Menschen riechen können, haben sie eine Gemeinsamkeit - und sei sie noch so klein. Besonders weit von zuhause weg schätzt man auch kleine Gemeinsamkeiten. Jahrzehntelange Beobachtung zeigt mir, wie leicht zwei Menschen ins Gespräch kommen, wenn sie denselben Dialekt sprechen. Dialekt bedeutet eindeutige Herkunft und das verbindet. Ich komme mir hingegen vor wie ein Neutrum, dem hier und da ein paar Dialektfetzen anheften. In Innsbruck ein wenig tirolerisch, durch Freunde aus Vorarlberg und Oberösterreich etwas gsibergerisch und mostschödlerisch, mit der Übersiedlung nach Wien durften die Wiener Schimpfwörter nicht fehlen, denn sudern geht nur richtig böse und deprimierend auf wienerisch. In da Hockn (auf der Arbeit) reden mir zahlreiche deutsche Kollegen das Umgewöhnen des Dialekts wortwörtlich aus.  Sie selbst reden auch nach Jahren weiter in ihrem Dialekt, fast alle Deutschen, die ich kenne, tun das. Kaum einer gewöhnt sich um, während ich mir Dialektwörter merke und in mein Sprachgefühl infiltriere als wären es Fremdsprachenvokabeln, die es auswendig zu lernen gilt. Ich tue das nicht, um zu beeindrucken, sondern weil es mir Spaß macht. Weil ich gerne mit der Sprache spiele, mit Worten und besonders gerne mit Dialekten.
Und woher kommst Du aus Deutschland? Sicher aus Norddeutschland?
Neein! Ich komm aus Bayern!
(Gelächter)
Doch, doch, aus Bayern!
Wie ein Bayer klingst Du aber nicht!
Ich komm aus dem nördlichen Bayern, nahe Hessen (nennt sich auch Franken).
Den Dialekt von hier hast Du aber noch nicht angenommen.
(....)
Meine bayrische Herkunft ist nicht a priori hörbar. Ich trage auch keine Lederhosen. Viele Menschen reduzieren den Bayern auf Oberbayern, zumindest auf die Regierungsbezirke südlich des Weißwurstäquators (die Donau). Tatsächlich gibt es in Bayern mehr: Franken. Der fränkische Dialekt klingt anders als der oberbayrische Dialekt. Die westlichen Unterfranken sprechen mehr hessisch-badisch, was wieder etwas anders klingt. Der Freistaat Bayern ist riesig, fast so groß wie Österreich zusammen, entsprechend viele Dialekte finden sich darin. Mit Hochdeutsch hat das alles nichts zu tun, mit Norddeutschland schon gar nicht. Aber unabhängig davon - was macht ein Deutscher in Österreich? Urlaub, Studieren, Sozialhilfe beziehen, mit fetten Geldscheinen umherwedeln und präpotente Überkorrektheit an den Tag legen. Um ein paar Vorurteile zu zitieren.

Was machen überhaupt Ausländer im eigenen Land? Warum gehen manche Menschen ins Ausland? Warum übersiedeln sie? Was treibt sie aus ihrem Heimatland? Muss man sich für alles rechtfertigen? Heute herrscht Reisefreiheit, heute wird niemand gezwungen, dort zu leben, wo er aufgewachsen ist. Die Welt ist offen, einigermaßen jedenfalls. Nicht in Ungarn, dort wird man enteignet, aber sonst kann man sich doch in vielen Ländern bewegen, ohne Repressalien fürchten zu müssen. Das ist den Schutzbedürftigen (Refugees) leider kein Trost. Sie müssen selbst in aufgeklärten Ländern mit demokratischen Strukturen und anerkannter Menschenrechtscharta unter teils widrigen Verhältnissen leben. Es zählt nicht, was sie können, sondern wo sie herkommen. Und dass sie am besten wieder dorthin zurückkehren.

Ich bin bloß Deutscher, ich leide weniger unter Vorurteilen als Menschen anderer Volksgruppen, anderer Religionszugehörigkeit oder eben Refugees. Eigentlich bin ich sehr interessiert an dem Land, in dem ich seit neun Jahren wohne. Auch in den sechs Jahren Studium in Österreich war ich kein typischer Student, der nur studiert, nach Hause fährt, und sonst nichts von dem Land wissen will, in dem er sich aufhält. Ich wollte immer mehr wissen, ich beschäftigte mich mit der Region, setzte mich mit der Geschichte auseinander, hörte österreichisches Qualitätsradio (Ö1), las intensiv österreichische Zeitungen und folgte der politischen Diskussion, und begann die Bergwelt abseits der Skipisten, die ich nie benutzte, zu erkunden. Das hat ein neues Heimatgefühl ausgelöst und mich zum Hierbleiben bewogen, besonders eben die Natur und die Berge. Nicht zuletzt auch die Menschen, obwohl man Tirolern nachsagt, sie seien sehr reserviert gegenüber Fremden und lassen lange niemanden an sich heran. Ich mochte aber die ansteckend gute Laune der Tiroler, ihre Frohnatur, die sich mit der rheinischen Karnevalsfrohnatur (deren Humor ich verabscheue) durchaus messen kann. Auch wenn sie verschiedener nicht sein könnten. Aber worüber sollten die Tiroler sudern, sie haben ja ihre Berge. Und wie wichtig Berge sind, sieht man im Winter, wenn alles grau ist, aber oben auf den Bergen, da ist es immer schön, selbst dann, wenn es grau ist. Wien ist anders, aber auch in Wien gibt es diese und jene, und nicht den Wiener so wenig es den Deutschen gibt. Viele Dialoge, die wie zu Beginn wiedergegeben, beginnen, ertrinken in Klischées und bleiben dann oft an der Oberfläche, gewinnen kaum an Tiefe, weil sich das ganze Interesse darin erschöpft, warum ein Deutscher unbedingt in Österreich leben will, und nicht, warum mangerne in Österreich lebt. Vielleicht gelingt es uns eines Tages, unsere starren Gräben zu überwinden, nicht mehr in ''Piefkes und Ösis''-Kategorien zu denken, nicht jedem Einwanderer den Sozial- oder Asylbetrug zu unterstellen, nicht jedem Flüchtling das Taferl ''Wirtschaftsflüchtling'' anzuhängen, sondern das Gemeinsame zu betonen, nicht das Trennende. 

Wie sinnvoll ist eine Volksbefragung bei der Mahü?

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Die Mariahilferstraße (Mahü) bestimmt das Schicksal der Wiener Grünen bei der Wien-Wahl im Jahr 2015. Sie haben noch ein knappes Jahr, um sich im beginnenden Wahlkampf eine günstige Ausgangsposition zu erarbeiten. Derzeit sieht es nicht so gut aus. Bereits die Verbilligung der Öffis bei gleichzeitig nur schleppendem Kapazitätenausbau hat den Grünen den Unmut der Pendler beschert. Im einen Bezirk ist es leichter geworden, Parkplätze zu finden, im anderen schwieriger. Wer motorisierten Besuch von Freunden und Verwandten erwartet, schaut eher in die Röhre. Parkhäuser sind dünn gesäet und erfordern weite Wege.

Aber das ist nur ein Randproblem, in erster Linie scheitern die Grünen am mangelnden Willen der anderen Parteien, zusammenzuarbeiten. Ginge es um das Wohl der Wiener Bevölkerung und der Pendler, würden NÖ-Pröll (ÖVP) und W-Häupl (SPÖ) einen gemeinsamen Kurs fahren, und bessere Verkehrsanbindungen ins Umland bauen. Statt die U1 nach Oberlaa zu verlängern, hätte man sie weiter nach Süden ausbauen können, ins Niemandsland, wo es jede Menge Platz für Parkhäuser gibt und bessere Parkmöglichkeiten für Pendler geschaffen werden könnten.

Aber zurück zur Mahü - die derzeitige Fußgängerzone (FuZo) ist die Folge eines halbgarigen Kompromis, in dem es niemanden Recht gemacht werden konnte. Begegnungszonen (BeZo) mögen auf ebenen Strecken sinnvoll sein, auf einer abschüssigen Strecke wie der Mahü wollen sich Fußgänger, Radfahrer und Autofahrer eher nicht begegnen. Natürlich ist das nicht der eigentliche Stein des Anstoßes, denn eine gewisse Dauer vorausgesetzt würden sich die Verkehrsteilnehmer sehr wohl an das neue Verkehrskonzept gewöhnen, so deppert ist niemand.

Das Problem sind eher die bis dahin ruhigen Anrainerstraßen, die durch verwirrende Einbahnregelungen und Veränderung der bisherigen 13A-Route mehr Verkehr erfahren, andere dafür weniger. Es allen Recht zu machen, ist allerdings ein Ding der Unmöglichkeit. Weiters stört man sich daran, die Mahü nicht queren zu können, was größere Umwege mit dem Auto und entsprechenden Zeitverlust bedeutet, je nach Einbahnregelung profitieren andere Anrainer jedoch von den neuen Verkehrswegen. Derzeit ist eine konstruktive Vorgehensweise leider unmöglich, und die Schnellschussaktionen der Grünen tragen nicht zur Konfliktlösung bei.

Hauptkritikpunkte: 

1. Dem Protest der Busfahrer wurde zu schnell nachgegeben. Unfälle mit dem 13A hat es seit Einführung der neuen Strecke durch die FuZo nicht gegeben. Dass Verkehrsteilnehmer auf ihre Umgebung achten müssen, gilt nicht nur in der Mahü, sondern generell, wenn man sich im Verkehr bewegt - und zwar für jeden, für Radfahrer, die rücksichtsvoll fahren müssen, für Fußgänger, die nicht telefoniert oder smstippend oder am Smartphone spielend über die Straße latschen dürfen, und für Autofahrer gleichermaßen, die sich an Verkehrsregelungen zu halten haben. Watch your environment!

2. Der Umbau der Mahü zu einer echten FuZo wurde nicht abgewartet. Natürlich geht man ungern in einer FuZo, die großteils aus einer asphalten Straße besteht, welche sich alleine optisch von den Gehsteigen abhebt und nichts bietet außer Platz für Klaustrophobiker und Reizüberflutete. Die Nivellierung der Straße und des Gehsteigs mit (barrierefreien) Pflastersteinen, Sitzmöbel, Schanigärten, usw..., würde die Mahü als FuZo viel attraktiver machen und weniger das Gefühl eines Notbehelfs geben, wie sie derzeit den Anschein hat. Dadurch stiege auch die Akzeptanz unter den Anrainern. 

3. Bei der Volksbefragung besteht die Gefahr, - wie bereits beim Einholen von Meinungen und Kritik von den (Boulevard-) Medien -, dass sich vornehmlich jene zu Wort melden, die mit der Mahü unzufrieden sind. Von einer Ablehnung des Mahü-Projekts ist derzeit auszugehen, und das hat in jedem Fall negative Konsequenzen für die Grünen mit Signalgebung für die Zukunft:
i) Schon die Ablehnung von Radfahrern ist eine Niederlage für die Grünen. Wie es im Leserbrief der letzten Falter-Ausgabe (1-2/2014) angemerkt, steigert das Radfahren die Lebensqualität der ganzen Bevölkerung:
Seien wir doch froh um jeden, der sich aufs Rad statt in ein Auto setzt. Er macht Platz (viel Platz!) für andere, er macht keinen Lärm, er verursacht keine Abgase, keinen Feinstaub. (Ingo Lantschner)
ii) Lösen die Grünen ihr Versprechen ein und bauen die Mahü zurück, hat die Autofahrerlobby in Wien gewonnen, ebenso die schwarzblaue Opposition, die Wien am liebsten mit Parkplätzen und vierspurigen Straßen totpflastern möchte. Auch der große Koalitionspartner, die ewig regierende SPÖ, hätte gewonnen, haben sie die Grünen doch regelrecht auflaufen lassen statt für die Mahü als FuZo mitzuwerben. Wien ist anders, sagt Häupl als Totschlagargument zur Mahü als FuZo und erstickt damit jeden weiteren Diskussionsbedarf.

iii) Machen die Grünen mit der Mahü weiter, selbst wenn es eine Ablehnung unter den Anrainern gibt, bekommen sie Kritik von allen Seiten, sie würden über die Meinung des Wahlvolks drüberfahren und verärgern auch die Stammklientel, für die vielleicht nur die Mahü der Zankapfel ist, die aber sonst eher pro Grün eingestellt sind. 
Warum muss es überhaupt eine Volksbefragung geben? Hat man die Autofahrer damals befragt, ehe man die Gurtpflicht eingeführt hat? Hat man sie zum Nichtraucherschutz befragt? Natürlich ist der Grat zwischen Sicherheit/Gesundheit und Bevormundung schmal, sehr schmal. Es geht hier aber nicht nur um rein egoistische Interessen, sondern um die Zukunft einer schnell wachsenden Stadt, um gesundheitliche Folgen von Lärmbelastung, Feinstaub & Unfallrisiken, um die Möglichkeit, Kindern Platz zu geben, sich zu entfalten, um den Klimawandel, bei dem das benzin/ölbetriebende Fahrzeug nicht mehr zukunftsträchtig ist, und die Spritkosten ohnehin weiter steigen werden.

Aber wer denkt schon langfristig? Wir denken oft nicht einmal an unsere Pension, wir denken nicht an nachfolgende Generationen und Politiker denken oft nur an den eigenen Machterhalt, der ihren Wohlstand und damit auch ihre Pension sichert. Die Mahü ist deshalb so wichtig, weil sie die Weichen der Stadt für die Zukunft stellt. Entweder zurück zur Dominanz der Autofahrer oder hin zu alternativen Verkehrsmitteln.

Kapazitätsgrenzen

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Ich höre immer, man dürfe über das Verkehrsnetz der Wiener Linien nicht sudern, denn verglichen mit anderen Städten und Ländern sei es eines der besten der Welt. Das mag stimmen, die Dichte an Straßenbahnlinien ist unschlagbar, wenn sie auch nicht an das Prager Straßenbahnnetz heranreicht. Aber sich ständig mit anderen vergleichen hat noch nie jemandem geholfen. Eine Situation ist immer relativ zu jenen, die in dieser Situation sind, und nicht zu jenen, die damit nichts zu tun haben. Das gilt in vielen Lebensbereichen und auch im Öffiverkehr.

In den letzten Beiträgen habe ich geschildert, weswegen Gratis-Öffis in Wien nicht funktionieren und warum die Mariahilferstraße ein wegweisendes Projekt weg vom Autoverkehr ist.

Dieses Mal möchte ich mich konkreten Beispielen widmen, wo der öffentliche Verkehr an seine Kapazitätsgrenzen stößt und eine Taktverdichtung kaum mehr ohne gegenseitige Blockade möglich ist. Für alle Beispiele in Wien gilt: Das oberste Ziel muss die Reduktion des Individualverkehrs sein! Ein Auto ist sinnvoll und auf dem Land unverzichtbar, aber in der Stadt sind viele Fahrten unsinnig und purer Bequemlichkeit geschuldet bzw. "weils immer so war", weil gefälligst jeder Haushalt ein Auto und auch einen Parkplatz braucht, etc. 

Beispiel 1: Der Westen Wiens

Er wird der S45 und der U6 in Nord-Süd-Richtung durchzogen, die U3 macht von Ottakring einen Bogen nach Osten über den Westbahnhof und setzt sich weiter zum Stephansplatz fort. Was hingegen fehlt, ist eine weitere Querverbindung zwischen S45 und U2. Unter der Woche platzen die Straßenbahnen, die diese Querverbindung bis jetzt übernehmen, aus allen Nähten, namentlich vor allem die Linie 43, dann 44, 2 und 46. Der 44er und 46er werden durchwegs als Niederflur geführt, während 2 und 43 alternierend mit den alten, schadensanfälligen und nicht barrierefreien Garnituren fahren. Das führt morgens und abends dazu, dass sich Elternteile mit Kinderwagen in den barrierefreien Garnituren drängen.

Problematisch ist weiters, dass das Gleisbett der betroffenen Linien weitgehend mit dem Individualverkehr geteilt werden muss (Stau!), dass Parkplätze in den betroffenen Bezirken rar gesät sind und Autofahrer häufig das Gleisbett versperren (Stau!), und dass zahlreiche Ampelphasen, wo die Straßenbahnen eben nicht automatisch auf Grün geschaltet werden, einen zügigen Transport erschweren. Nicht selten sorgen die Straßenbahnfahrer selbst für Verspätungen, indem sie zu spät (!) kommende Fahrgäste noch einsteigen lassen und dadurch die Grünphase verpassen.


Wer mit der Linie 9 oder 10 zur U3 oder U6 fährt (weitere Nord-Süd-Verbindungen), steht ebenfalls oft längere Zeit an den Ampeln als dass er fährt. Für eine Weiterfahrt jenseits der Inneren Stadt oder nach Transdanubien sind die Straßenbahnlinien ohnehin die einzige direkte Quermöglichkeit.

In den engen Gassen ist eine Lösung schwierig:  
  • Individual- und Straßenbahnverkehr parallel laufen ginge nur über den Wegfall von Parkplätzen auf beiden Seiten, was angesichts der immanenten Parkplatznot nicht einmal Ansätze an Verständnis hervorrufen würde.
  • Weitere Taktverdichtung lässt die Straßenbahnen selbst im Stau stehen, unterbrochen von genervten Autofahrern, die zwischen den Straßenbahnen eingeklemmt sind und nicht vorwärts kommen, und damit auch die Straßenbahnen vor der Einfahrt in die Haltestelle blockieren. 
  • Eine ausschließliche Bevorzugung der Straßenbahnen (oder Busse) an den Ampeln sorgt zwar für deren zügiges Weiterkommen, verursacht aber wieder Rückstau des Individualverkehrs und damit weiterer Bus- oder Straßenbahnlinien.
Einziger Ausweg ist der Bau einer weiteren U-Bahn-Linie, die U5, die zwar seit längerem immer wieder zur Diskussion kommt, aber aus Kostengründen auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben wird.

Eine mögliche Routenführung könnte so aussehen:

Quelle: DerStandard
Sie würde auf der Trasse der Linien 43 und 44 bis zum Rathaus geführt, ab dort über die bestehende Trasse der U2 zum Karlsplatz und weiter bis Rennweg (S-Bahn-Anschluss) bis zur Gudrunstraße, wo derzeit im Umfeld des Hauptbahnhofs ein neuer Stadtteil (Sonnwendviertel) entsteht.

Die U2 würde dafür ab dem Rathaus weiter zur Neubaugasse ausgebaut und damit das Nadelöhr Mariahilfer Straße (und den 13A) entlasten, nochmals die U4 kreuzen und auch das schlecht angebundene Business Center um den Wienerberg anbinden.

Die Grünen sind ja tendenziell eher pro Straßenbahn eingestellt, ich auch, aber beide Verkehrsmittel haben ihren Sinn: U-Bahnen sind für jene günstig, die weite Strecken zurücklegen (z.B. der Weg von der Wohnung zur Arbeit), die Bim eignet sich ideal zum Einkaufen in der Umgebung, da die Wege wesentlich kürzer sind. Eine U5 würde also den täglichen Pendlerverkehr entlasten und die Bim könnte wieder als Einkaufstransportmittel genutzt werden. Unter der Erde lässt sich zudem ohne Kollision mit dem Individualverkehr (ich bin realistisch: der Autoverkehr wird trotz hoher Spritpreise nicht so schnell abnehmen) eine Taktverdichtung erreichen und Spitzen zur Rush Hour abfangen.

Beispiel 2: Die Mahü

Altbekanntes Problem, schon zigfach durchdiskutiert. Die U3 platzt - auch dank der Fußgängerzone - zur Rush Hour aus allen Nähten, ist sie doch die wichtigste Verkehrsverbindung zwischen Westbahnhof und Stephansplatz (City), und neben den Pendlern auch von Urlaubern und Shoppingtouristen stark frequentiert. 


Die einzige querendeöffentliche Verbindung, die als Bindeglied zwischen den inneren Bezirken und der U4 bzw. in weiterer Entfernung zum Hauptbahnhof fungiert, ist der ominöse 13A, der sich durch enge, oft zugeparkte Gassen (meist Einbahnstraßen) quälen muss. Früher wurden die Passanten mehrfach abgeholt, durch die Linie 13 (1974 eingestellt und durch die Buslinie 13A ersetzt), sowie durch die Linien 52 und 58, die im Zuge des U3-Baus eingestellt wurden, und vom Westbahnhof über die Mahü weiter zum Ring fuhren.

Im Hinblick auf die FuZo wären Straßenbahnlinien aufgrund der verkürzten Wege sicher zu bevorzugen, sozusagen als autarke Verbindung zwischen Gürtel und Ring, während die U3 mehr als Langstreckenverbindung fungiert - zwischen Westbahnhof und Innenstadt bzw. zum Bahnhof Wien-Mitte.

Ob eine Reaktivierung des 13er nach dem Umbau in eine Fußgängerzone (derzeit nur provisorisch) überhaupt noch möglich ist, sei dahingestellt.

Beispiel 3: Der zehnte Bezirk 

Ein stiefmütterliches Dasein fristet der Süden Favoritens.  Die Gebiete zwischen S-Bahn/U6 und U1 sind querverlaufend bis auf die Linie 6 ausschließlich durch Busse erschlossen, längs verlaufen die Straßenbahnlinien 67 und 1. Problematische Wohnbezirke sind die Stadtentwicklungsgebiete (!) ohne U-Bahn-Anschluss, nämlich der Monte Laa und der Wienerberg, wo mehrere zehntausend Menschen leben.
Sie sind auf Busverbindungen angewiesen, die in beide Richtungen durch viele Haltestellen und Stehzeiten an Ampeln EWIG brauchen. Die U1-Verlängerung nutzt vornehmlich dem Stadtentwicklungsgebiet Violapark (mittlerer Kreis) etwas, das in unmittelbarer Nähe zum Horr-Stadion entsteht.

Hier besteht durchaus noch Potential, die Verbindungen durch neue Straßenbahnlinien zu verbessern, da etwa am Wienerberg genügend Platz für einen vom Individualverkehr getrennten Gleistrog wäre. Eine querende Straßenbahnlinie könnte U6 und (verlängerte) U1 verbinden, ebenso gibt es Überlegungen, die Linie 67 umzuleiten oder die Linie D über das neu entstandene Sonnwendviertel bis zum Monte Laa zu führen.




Quelle der Stadtpläne (farbliche Beschriftungen durch mich): http://www.wien.gv.at/stadtplan/

Zusammenfassung:

Die Kapazitäten der öffentlichen Verkehrsmittel sind in Wien an den Grenzen angelangt: Die Stadt wächst in den Randbezirken stark, die günstigen Öffis bewegen umwelt- und sparbewusste Menschen zum Umstieg, und zwingt gleichzeitig durch Parkpickerl und verkehrsberuhige Maßnahmen ebenfalls zum Umstieg in die Öffis. Die S-Bahn-Stammstrecke zwischen Wien-Meidling und Wien-Floridsdorf wird in Spitzenzeiten alle 3 min frequentiert - mehr geht nicht. U1 und U6 kommen ebenfalls alle 2-3 Minuten, auch da ist kaum noch Spielraum. Die U4 leidet durch die sanierungsbedürftige Strecke unter chronischen Ausfällen, die U2 entlastet vor allem die Ringstraßenbahnen (wo durchaus eine Taktverdichtung möglich, aber nicht notwendig wäre).

Im Westen von Wien blockieren sich Individual- und Straßenbahnverkehr, im Süden Individual- und Busverkehr, entlang der Mariahilfer Straße reicht die U3 offenbar nicht aus, um die Frequentierung des 13A abzufedern. Hier blockieren sich alle gegenseitig, nebst Individualverkehr, der bloß die Mariahilfer Straße queren will, ohne auf Gürtel oder Ring ausweichen zu müssen.

Nimmt man alle Probleme zusammen, dann kann die Bewältigung der wachsenden Bevölkerung nur erreicht werden, indem man den Autoverkehr schrittweise eindämmt. Das schafft Platz für Kapazitäten bei bestehenden Linien, die an der Oberfläche (Bus und Bim) verkehren (verringerte Staugefahr), und ermöglicht mitunter auch neue Linien, ohne ein Verkehrschaos hervorzurufen. Der Ausbau der U-Bahn-Linien (inkl. U5) ist im Hinblick auf den Pendlerverkehr notwendig, während (leise und moderne) Straßenbahnlinien die Attraktivität einer Einkaufsstraße erhöhen.

Und zu allerletzt: Es gibt Carsharing, Car2go, Transporte mit Radkurieren, Citybike und weitere Möglichkeiten, auf ein eigenes Auto oder einen Lieferwagen (der relativ wenig transportieren soll) verzichten zu können.

Zivilcourage

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Text vom April 2011

Ich fuhr heute mit dem ICE von Bayern kommend über Wels - Linz - St. Pölten nach Wien Westbahnhof. Da der Zug beim Einstieg recht voll war, machte ich es mir im Bordrestaurant bequem, ohne die Absicht, dort überteuert etwas zu essen, sondern lediglich etwas zu trinken - und somit die sechsstündige Fahrtzeit zu überbrücken.

Wie dem auch sei, ich genoss meinen Tee und mein kleines Bier, während die Fahrgäste kamen und gingen. Viele hatten Plätze reserviert und kamen lediglich ins Restaurant, um etwas zu essen und zu trinken, und um dann wieder auf ihren Platz zurückzukehren. Wenige taten es mir gleich, und tranken etwas, um nicht vom Platz vertrieben zu werden.

In Passau stieg ein älterer Mann, ca. 50 bis 55 Jahre, gut gekleidet, schwarze Laptoptasche, Lesebrille, und "Die Zeit" in der Hand, zu, und telefonierte dabei. Gleich kam das Personal und wies ihn darauf hin, dass im Restaurant das Telefonieren verboten sei - löblich, erlebe ich zum ersten Mal, dass ein derartiges Verbot durchgesetzt wird - , der dies aber rasch erkannte, (später aber immer wieder leise telefonierte, was aber kaum ins Gewicht fiel).

Ein Wagen weiter saß eine junge Frau mit ihrem Baby an der Brust und zwei kleinen Kindern, alle in der typischen Roma-Tracht. Sie lief immer wieder unruhig hin und her und frug, wann sie denn da seien. Sie sprach kaum Deutsch. Als sie das nächste Mal vorbeilief, erklärte ihr der Mann, dass die übernächste Haltestelle Wien-West sei, danach ging sie weiter, und der Mann winkte das Personal herbei, und trug diesem auf, den Kindern der Frau ein paar Süßigkeiten zu bringen, aber unbedingt etwas Salziges, nichts Süßes. Das Personal tat wie gebeten. Danach kam der Mann erneut, und fügte hinzu, dass sie doch den Kindern auch etwas zu trinken bringen sollen, alles im Wert von 10 Euro, er würde es dann bezahlen. Also bekamen die Kinder und die Frau noch eine Flasche Wasser.

Später erklärte der Mann (wahrscheinlich Arzt) dem älteren Personal:
"Ich habe selbst fünf Enkelkinder, und wenn Kinder Durst haben, dann sieht man das in ihren Augen!"
Die Frau bedankte sich bei dem Mann, sonst gab es keinen weiteren Dialog.

Mich hat das Verhalten des Mannes sehr gerührt. Er hat die Notlage erkannt, und entsprechend gehandelt - einfach so. 

Proteste gegen WKR-Ball - eine Farce

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Heute abend findet in der Hofburg, dem nationalen repräsentativen Haus der Republik Österreich, zum wiederholten Male seit 1968 der Akademikerball der schlagenden Burschenschaften statt. Dies ist seit Jahrzehnten ein Stelldichein bekannter und berüchtigter Größen der deutschnationalen Szene, aber auch prominenter Rechtspolitiker aus anderen europäischen Ländern, darunter Holocaustleugnern.

Ebenso lange gibt es die Proteste gegen den Veranstaltungsort des Balls, die eskalierten, als der Ball ausgerechnet am 27.01.2012 stattfand, am Gedenktag des Holocausts.  Nachfolgend haben die Betreibergesellschaften der Hofburg angekündigt, den WKR-Ball im Jahr 2013 nicht mehr stattfinden lassen. Die typisch österreichische Lösung: Der WKR-Ball wurde umbenannt in Akademikerball, und fortan von der FPÖ veranstaltet. Einer Parlamentspartei den Ball verwehren ist offenbar schwieriger, er findet heuer wie geplant statt.

Die Holocaustüberlebenden protestieren in einem offenen Brief gegen die Veranstaltung. Die Regierung schweigt, auch die Wiener Regierung schweigt. Die Polizei riegelt unverhältnismäßig viele Gebiete um die Hofburg ab, samt Staatsoper, Karlsplatz und Schwarzenbergplatz, und deklariert ein Vermummungsverbot in neun Innenstadtbezirken, nicht einmal Journalisten dürfen in die Sperrzone, um zu berichten, und wenn, dann nur zwischen 20.15 und 20.45 in Begleitung eines Polizisten. Ein Anschlag auf die Pressefreiheit.

Erschrocken, aber weit entfernt vom Geschehen schauten wir die letzten Monate in die Ukraine, während sich vor Ort eine ungute Entwicklung vollzieht. Von einem Polizeistaat sind wir weit entfernt, auch von einer Militärdiktatur, aber der Willkür wurde heute Tür und Tor geöffnet.

Offener Brief der ORF-Redakteurrats an den Polizeipräsidenten, Quelle: Twitter-Account von Armin Wolf
Aber nicht nur der Staat bekommt heute sein Fett ab. Auch über die Demonstrationsunkultur in Österreich (und Deutschland) bin ich sehr erzürnt. Auf der einen Seite nimmt die Polizei auch jene in Sippenhaft, die sich - zufälligerweise - zur falschen Zeit in der falschen Gruppe an Demonstranten befanden, auf der anderen Seite mischen sich eben auch jene mit, die wirklich nur im Sinn haben, eine an sich friedliche, zweckgewidmete Demonstration zu stören, und dies im Internet durch Gewaltaufrufe auch noch ankündigen. Actio = Reactio? Ich habe es erlebt, als die Studentenproteste und anschließenden Besetzungen waren, ebenso bei den Protesten rund um die RefugeeBewegung in Wien, und zuletzt wieder live, als die Demonstration gegen die Abschaffung des Wissenschaftsministeriums stattfindet, dabei gab es einen unguten Moment:
Plötzlich zünden zwei Demonstranden Bengalenfeuer an, kurz darauf explodiert ganz in der Nähe auf der anderen Gassenseite ein Knallkörper, obwohl hier ganz viele Menschen eng zusammenstehen. Daraufhin kommen wieder typisch linksradikale Kampfphrasen (A-Anti-Antikapitalista) und "Hoch die internationale Solidarität!", die jetzt thematisch nur indirekt etwas mit dem Thema der Demonstration zu tun haben. Ob beabsichtigt oder nicht, nach einem Moment der Lähmung übertönen die anderen Demonstranden die Gesänge mit dem Hauptslogan der Demo, den ich leider wegen des Lärms nicht verstanden habe. So blieb der radikale Kern bis dato in der Minderheit. Die sich sammelnde Polizei veranlasste mich jedoch, mich wieder vor den Zug zu begeben.
Nein, ich bitte dies jetzt nicht dahingehend zu verstehen, Demonstrationen fernzubleiben, aber man muss sich einmal ernsthaft fragen, wie es gelingen soll, als eine vernunftgeleitete Stimme aufzutreten, die gehört werden soll, wenn in den eigenen Reihen des Protests keine Einigkeit herrscht, wie man als Protestkundgebung auftritt. Und dazu zählen für mich weder Sachbeschädigungen, Steinwürfe noch Knallkörperexplosionen, die Menschen verletzen können, völlig egal, ob das nun unbeteiligte Fußgänger, Demonstranten oder Polizisten sind. Gewalt erzeugt nur Gegengewalt, das ist bekannt.

In diesem Kontext verstehe ich auch den Kommentar des Falter-Journalisten Benedikt Narodoslawsky, der in der aktuellen Ausgabe 4/14 provokant tituliert "Warum es nicht gescheit ist, gegen die FPÖ zu demonstrieren". Er attestiert darin dem Appell der Holocaustüberlebenden ein "moralisches Gewicht", aber gibt zu Bedenken, dass "in einer Demokratie alle die gleichen Rechte" hätten. Jeder Demonstrant stärke damit den Opfermythos der FPÖ, die sich medial derzeit im besten Licht darstellen kann. Narodoslawsky fordert daher auf, sie ''beinhart'' zu ignorieren.

Durchaus berechtigt fragen sich jetzt viele Kritiker, ob das der richtige Weg sei, denn Ignorieren beseitige die Wurzel des Rechtsextremismus nicht. Am Falter-Kommentar entzündete sich auch eine heftige Debatte, die in Polemik umschlug.
jene übercoolen Medienfuzzis, die uns gleich erklären wollen, dass gegen den Ball zu demonstrieren wahlweise total undemokratisch ist oder, wie es dieser Tage wieder einmal der immer reaktionärer werdenden Falter propagiert, die Demonstrationen erst den Ball in die Öffentlichkeit bringen und dass dies der FPÖ hilft. Ignorieren wäre soviel besser und klüger. Das mag auf den Falter zutreffen, aber leider, leider nicht auf die FPÖ.
Quelle: http://schmetterlingssammlung.net/2014/01/24/lasst-die-fpo-doch-in-ruhe-die-wollen-nur-spielen-und-uberhaupt-demokratie/

Fakt ist, dass man die FPÖ nicht mehr ignorieren kann. Fakt ist, dass nicht die FPÖ heute abend das Übel ist, sondern die (wortwörtliche) Hofierung des Balls von den Betreibern bzw. des Staates. Die Proteste sollten sich also eigentlich nicht gegen die FPÖ richten, sondern gegen die Regierung. Fakt ist aber auch, dass die Hofburg als Amtssitz des Bundespräsidenten eine besondere Symbolkraft hat. Im Sinne einer Vergangenheitsbewältigung dessen, was die Nationalsozialisten während ihrer Herrschaft für Verbrechen gegen die Menschlichkeit inkl. Holocaust angerichtet haben, wäre es die moralische Verpflichtung des Staates, sich in aller Form davon zu distanzieren. Und wenn Ballteilnehmer eben jene Gräueltaten der NS-Zeit leugnen, oder sich gar als Opfer derselben vergleichen, dann ist ein Ball dort nun einmal völlig FEHL AM PLATZE!

Aus diesem Grund ist es wichtig, dass es die Proteste dagegen gibt. Dass wir eben zeigen, dass es uns NICHT egal ist, wie mit der Vergangenheit umgegangen wird. Dennoch:
"Gewaltlosigkeit bedeutet keineswegs Ablehnung jeglicher Konfrontation mit dem Bösen. Sie ist meiner Auffassung nach im Gegenteil eine Form eines sehr aktiven Kampfes - echter als der gewalttätige Gegenschlag, dessen Wesen im Grunde die Vermehrung der Boshaftigkeit ist."

Mahatma Gandhi

Schwer von Begriff

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Ich kann nicht nachvollziehen, wie man nicht verstehen kann, dass es nicht OK ist, eine 'parlamentarisch legitimierte Partei' als Veranstalter zuzulassen, deren Ballgäste (!) zum Teil erwiesenermaßen der rechtsrextremen Ecke angehören [und deren Parteimitglieder auch immer wieder auffallen, siehe www.kellernazisinderfpoe.at, nicht zuletzt der Schnellschuss Umvolkung). 
Karl Bartl, fand noch Ende der 1980er-Jahre in der Zeitung seiner Burschenschaft lobende Worte für das „Dritte Reich“ und gab dem „Weltjudentum“ die Schuld am Krieg.

Bei einer Solidaritätsdemonstration für den antisemitischen Welthandelsprofessor Taras Borodajkewycz im Jahr 1965 trugen Burschenschafter Transparente mit der Aufschrift „Hoch Auschwitz“. Jörg Haiders Doktorvater, Prorektor Günther Winkler, pries 1974 die Korporationen bei einem Stiftungsfest der berüchtigten rechtsradikalen Burschenschaft „Olympia“.
Quelle und weitere Belege: http://www.profil.at/articles/1404/980/371804/besucher-ehrenschwund-die-proteste-burschenschafterball-wirkung

Es sind keine versprengten Anarchochaoten, die jetzt fordern, dass man den WKR-Ball, wie immer er jetzt heißt, und wer ihn auch veranstalten mag, dort nicht mehr stattfinden lässt. Die Ballgäste sind dieselben, und daran richtet sich auch der Zorn der Holocaustüberlebenden. Es mögen wenige sein, die jetzt protestieren, aber es wären mehr, hätte man die Juden nicht über die Jahrhunderte hinweg immer wieder massakriert und vertrieben, bis zum beschämenden Höhepunkt, dem Holocaust.

Bereits in den Jahren 1420 und 1421 wurde die jüdische Gemeinde verfolgt und zerstört. Um der Zwangstaufe zu entgehen, begingen viel Juden Selbstmord. Die überlebenden 200-300 Juden wurden auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Erst um 1580 gab es wieder eine nenneswerte Anzahl von Juden in Wien, sodass in dieser Zeit ein neuer jüdischer Friedhof (in der Rossau) angelegt wurde. Unter Ferdinand III. begannen ab 1637 erneut Konflikte mit der Wiener Bürgerschaft, im Jahr 1670 wurden die Juden erneut ausgewiesen. Nach einer längeren Phase der Anerkennung und wachsender Gemeinde keimte im 19. Jahrhundert der Antisemitismus auf, der mit dem antisemitischen Bürgermeister Karl Lueger einen ersten Höhepunkt erreichte, in seiner Rede zum Israelitengesetz 1890, die vor Bosheit nur so strotzte.

Nach dem ersten Weltkrieg flohen zahlreiche Juden aus Galizien und Polen nach Wien und wurden sesshaft, was Anfang der 1920er antijüdische Ressentiments aller Parteien, auch der Sozialdemokraten schürte. Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich nahm der Antisemitismus sadistische Züge an, die Zahl der Selbstmorde stieg dramatisch an. 120 000 Juden gelang es zu flüchten, 65 000 wurden Opfer des Holocausts. 

Mehr zur Geschichte der Juden in Wien z.B. in
  • Michaela Feurstein-Prasser, Gerhard Milchram - Jüdisches Wien
  • Johannes Sachslehner - Wien. Eine Geschichte der Stadt.
oder in satirischer Form in Hugo Bettauers - Die Stadt der Juden

Vor diesem Hintergrund also feiern zum Teil verurteilte Rechtsextreme, die mit einem Gedankengut sympathisieren, das einen Großteil der jüdischen Gemeinde in Wien auslöschte, einen Ball am repräsentativsten Ort Österreichs in den Prunksälen. Dass dies nicht gerade ein Aushängeschild von Vergangenheitsbewältigung ist, und die Überlebenden bzw. Angehörigen der Opfer vor den Kopf stößt, dürfte jedermann einleuchten.

Nun wird argumentiert, es sei ja alles demokratisch legitimiert, aber das war Hitlers Machtergreifung auch, als am 5. März 1933 die NSDAP 44 % der Stimmen erreichte, und gemeinsam mit dem Koalitionspartner der DNVP (8%) eine parlamentarische Mehrheit besaß. Wie weit darf Demokratie und Dulduung extremistischer Weltanschauung gehen? In meinen Augen nur so weit, wie Grund- und Menschenrechte Andersdenkender nicht verletzt werden. Mit anderen Worten: Das Recht, einen Ball auszutragen, darf die Menschenwürde der Opfer des Holocausts nicht verletzen - das ist aber hier der Fall.

In Deutschland ist man (noch) weiter. Hier wurde die Rolle Nazideutschlands gründlich in den Geschichtsbüchern aufgearbeitet, nicht in Habsburger Erinnerungen geschwelgt, sondern schonungslos offen konfrontiert mit allem, was in der Zeit des Zweiten Weltkriegs, aber auch schon vor der Machtergreifung passiert ist. Es fing in der sechsten Klasse Gymnasium an, wurde über die nachfolgenden Klassen wiederholt und in der neunten und zehnten Klasse ausgedehnt. Wir sahen Schindlers Liste und besuchten das ehemalige KZ Dachau bei München, wir hörten Zeitzeugen reden. Nach dem gelehrten Geschichtsstoff in der Schule hätte sich niemand getraut, selbst in einer Krawallnacht wie heute oder vor einem Jahr "wie in der Reichskristallnacht" zu fühlen. Vielleicht ist es mein Geschichtsverständnis, das in mir Ekelgefühle hervorbringt, wenn Rechtsextreme für einen Abend ein Land repräsentieren, das an den Verbrechen des Zweiten Weltkriegs mitbeteiligt war. Würde die NPD, übrigens auch eine demokratisch legitimierte Partei, im Reichstagsgebäude von Berlin eine Ballveranstaltung abhalten, wäre ich nicht minder erschüttert.

Nicht zuletzt gibt es auch so etwas wie Zivilcourage, wie sie etwa der Pfarrer vom unterfränkischen Miltenberg anwandte, indem er mit Glockenläuten eine Nazidemo vereitelte - trotz Strafanzeige wegen Störung der Versammlungsfreiheit. 
Das Ermittlungsverfahren ist eingestellt. Im Justizministerium heißt es nun, Boom habe nicht stören, sondern auf friedliche Weise erinnern und mahnen wollen - und das ist, auch, eine Antwort der Demokratie auf die NPD.
Es geht hier nicht um Recht und Unrecht, sondern allerhöchstens um das Hausrecht. Und so wenig es eine demokratische Legitimierung eines Verbots geben mag, können doch die Veranstalter, wie bereits zu den Zeiten, als der Akademikerball noch WKR-Ball hieß, einfach sagen: Nein, für Euch ist künftig hier kein Platz mehr gegeben! Sie müssen es nicht einmal begründen. Aber Überlebende des Holocausts wie Dora Schimanko sollten Grund genug sein.
Ich habe das die ganzen Jahre gehört in der Bevölkerung. „Unterm Hitler hätt’s das nicht gegeben.“ 
Interview im Augustin.  

Update, 25.1.14, Interview für DerStandard.at 

 

Lektionen aus einer Katastrophe für Österreich

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Zu den gestrigen Ausschreitungen des Schwarzen Blocks, der Polizeigewalt gegen Demonstranten, Journalisten und unbeteiligter Passanten, und dem fragwürdigen Sicherheitskonzept der Polizei, gibt es mittlerweile ein paar kluge Analysen, z.B. von ...

Petra Stuiber, DerStandard

Gottfried Hufnagl auf seinem Blog

Georg Renner (DiePresse)

Paul Pant, FM4  

Martin Blumenau, FM4

Während in Österreich mehr über die Demonstration gegen den Ball gestritten wird, kümmert man sich im Ausland wenigstens noch um den Ball selbst, wie etwa in der deutschen Tagesschau.

Wem das alles wirklich genützt hat, hat die satirische Tagespresse auf den Punkt gebracht. 

Dass es auch anders geht, zeigt dieses Video.

Die "Distanzierung" der Jungen Grünen von der gewalttätigen Minderheit (etwa 200 von 6000) fällt allerdings etwas dürftig aus:
Die Domain nowkr.at wird von den Jungen Grünen unterhalten, wir haben redaktionell jedoch keinen Einfluss und sind nicht für die Erstellung der Inhalte verantwortlich.

[...]

„Unseren Hass könnt ihr haben“ bedeutet für uns, dass wir unseren nicht benötigen, um uns artikulieren zu können;

Wer Antifaschist*innen, deren Grundsatz ohnehin Gewaltfreiheit ist, permanent dazu aufruft, sich von Gewalt zu distanzieren, delegitimiert den Protest. Natürlich lehnen wir Sachbeschädigungen ab und diese verfehlen dezidiert das Ziel linker Politik, nur werden mit der Verschiebung des Mittelpunkts der Debatte die überwiegend friedlichen 8.000 Demo-Teilnehmer*innen und deren Anliegen in den Dreck gezogen – es wird vergessen, um was es dabei wirklich geht.
Vom Grundsatz der Gewaltfreiheit ist jedenfalls nicht zu spüren, wenn man in die Vorjahre hineinschaut.

Auf nowkr.at wurde auch offen angekündigt:

Busse

Auch zur NOWKR Demonstration 2014 wird es wieder Busse aus verschiedenen Städten, wie bsp. Graz, Linz, Berlin, Bremen, Frankfurt, Göttingen oder Leipzig geben.
Wie gewaltfrei der Schwarze Block agiert, sieht man in diesem Video sehr schön:

Wenn man sich die Ausschreitungen anschaut, die es beim RefugeeProtest gab, mit Schmierereien an der Votivkirche inklusive, und den aggressiven Reden gegen jene Organisationen wie die Caritas, die eigentlich nur helfen wollen, oder eben wiederholt bei den Anti-WKR-Demonstrationen, dann muss man offenbar die Initiatoren der Demonstrationen permanent dazu aufrufen, sich von Gewalt zu distanzieren.

Gewaltbereite Minderheiten machen immer (!) friedliche Mehrheiten kaputt. 

Gewaltfreiheit

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Nachfolgend eine Dokumentation der Schäden, die durch den Schwarzen Block in der Wiener Innenstadt entstanden sind.

Hintergründe: hier, hier und hier.

Bild 1: Demolierte Türen und Fensterscheiben der Polizeistation Am Hof

Bild 2: Beschädigte Fensterscheibe eines Juweliers in der Bognergasse

Bild 3: Auch ein Schreibwarengeschäft bekam die Zerstörungsgier zu spüren.

Bild 4: Weder die Konditorei Aida noch das seit 1618 hier ansässige Lokal "Zum Schwarzen Kamel" blieben verschont.

Bild 5: An der Ecke Bognergasse/Tuchlauben hat das Modegeschäft Vutton eine ganze Fensterfront abgeklebt.

Bild 6: Unmittelbar um die Ecke wurden sämtliche Auslagen der Rolex Boutique Wagner beschädigt.

Bild 7: Auch das Tchibo-Geschäft wurde ein Opfer.


 Danach ging ich noch in die Wipplinger Straße, von der ebenfalls Sachbeschädigungen gemeldet wurden.

Bild 8: Überklebte Fensterfront

Bild 9: Auch hier beschädigte Scheiben eines Bekleidungsgeschäfts neben der Brücke über den Tiefen Graben.

Bild 10: Sämtliche Auslagen eingeschlagen oder demoliert vom Münzhandel Schöller

Bild 11: Nicht einmal Halt gemacht hat man vorm Zerschlagen der Fensterscheiben dieses Sanitätsgeschäfts und einem angrenzenden Esslokal (Soupkultur)

Bild 12: Auch der Bipa gegenüber hatte plötzlich eine Holzfront.

Bild 13: Der Zerstörungsreigen geht mit dem Haus der Europäischen Union zu Ende.
Was - herrgottnochmal - hat dies alles mit dem Protest gegen den Akademikerball in der Hofburg zu tun? Verpisst Euch zurück dorthin, wo ihr hergekommen seid!!

Sich zurücknehmen

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Am 27.1.14, um 17.00, war ich am Heldenplatz und habe dem jüdischen Chor gelauscht, der durch die Gedenkveranstaltung für den Holocaust begleitet hat. Es blieb leider eine sehr mager besuchte Veranstaltung, es waren vielleicht 500 oder 600 Besucher, nicht mehr. Obwohl der Anlass ein historisches Datum ist, denn 70 Jahre vorher befreiten russische Soldaten das größte nationalsozialistische Vernichtungslager in Auschwitz-Birkenau. Besonders unter die Haut ging mir die Schilderung der Zeitzeugin Miriam Auerbach, die ihren ersten öffentlichen Auftritt hatte und abschließend mahnte:
"Diejenigen, die sich nicht an die Vergangenheit erinnern, sind gezwungen, sie zu wiederholen."
Mir gefielen die klaren Worte, die von den nachfolgenden Rednern zu hören waren, wie etwa von Stadtrat Mailath-Pokorny über den WKR-Ball in der Hofburg:
„Es geht nicht immer nur um Recht, sondern auch um Moral“
 Es machte mich traurig und wütend, dass so wenige Menschen gekommen waren. Als ob wir es verlernt haben, einfach nur zuzuhören. Und dabei kann es niemand geringeren geben als die Überlebenden und Angehörigen, die uns aus erster Hand schildern, was passiert ist; die dies unmittelbarer und schonungsloser tun können als es jedes Geschichtsbuch zu können vermag.

Ich habe mich auch gefragt, wo die Politprominenz heute war, warum sie an der Erinnerungskultur nicht teilnimmt, und warum der 27. Jänner in Österreich kein offizieller Gedenktag ist. Stattdessen fällt der Gedenktag auf den 8. Mai, der von Rechtsextremen und Neonazis für ihr "Totengedenken" am Heldenplatz missbraucht wird. Vor zwei Jahren fiel der Tag des WKR-Balls gar auf den 27. Jänner. Wo bleibt das Fingerspitzengefühl, der Funken Moral, sich die Gefühle der Holocaustüberlebenden vorzustellen? Empathie zeigen, Flagge bekennen und das Treffen rechtsextremer Ballgäste nicht am symbolischsten Ort Österreichs zulassen - das wäre Vergangenheitsbewältigung. Sie erschöpft sich nicht mit dem Verbotsgesetz und der Umbenennung von Straßen. Nicht nur die wiedererstarkenden Rechten im eigenen Land sind eine Bedrohung für den Frieden, auch der Blick in die Nachbarländer sollte Anlass genug zur Sorge sein. Oskar Deutsch hat etwa die Geschichtsklitterung im Nachbarland Ungarn angesprochen.

Bei allem Ärger über die einseitige Aufarbeitung der Geschehnisse am Abend des WKR-Balls, bei denen sich Ballveranstalter, Polizeipräsident als auch Organisatoren der Demonstrationen quasi gegenseitig die Schuld für die Eskalation geben statt zu sagen
  • Der Ball hat in der Hofburg aus Rücksichtnahme und Respekt vor den Opfern des Holocausts nichts zu suchen.
  • Das Platz- und Vermummungsverbot, die Einschränkung der Pressefreiheit und die Polizeigewalt waren überzogen.
  • Im Antifaschismus ist kein Platz für Gewaltformen, die Gewalt gegen Polizisten (auch das sind Menschen!) und Sachbeschädigungen miteinschließen.
aber das brennende Thema ist doch, wie man den Nährboden des Rechtsextremismus entzieht. Und hier ist die Politik gefragt. Da kann man noch so oft und friedlich dagegen demonstrieren. Wo bleiben die Visionen, der Mut, und das Engagement ohne auf Machterhalt zu schauen, sondern auf die nächsten Generationen?

Zu Unrecht verrufener zehnter Bezirk?

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Der zehnte Bezirk in Wien, Favoriten, ist berüchtigt für seinen hohen Bebauungs- und Migrantenanteil (23 %). Als ich vor über drei Jahren in Wien ankam, wohnte ich für zwei Jahre am Monte Laa, wie ihn die Bewohner des Stadtentwicklungsgebiets am Laaer Berg liebevoll nennen. Schon die Nennung des zehnten Bezirks als Wohnort löste erschaudernde Reaktionen aus: "Ich würde niemals in den zehnten Bezirk ziehen." - "Schlimme Ecke Wiens!" - "Mein Beileid ...."

Ein kleiner Rückblick auf das Leben am Monte Laa, wo nicht alles schlecht war, aber vieles verbesserungswürdig: 

Für Ortsunkundige zunächst ein paar Hintergründe:

Wien ist in 23 Bezirke unterteilt, die schneckenförmig um das Zentrum (Innere Stadt, 1. Bezirk) winden, wobei die Regelmäßigkeit mit der Eingemeindung weiterer Orte abhanden kam.

Abbildung 1: Die Karte zeigt die Umrisse Wiens in die jeweiligen Bezirke eingeteilt.
Der 10.Bezirk liegt im Süden Wiens, und grenzt im Osten an den 11. Bezirk (Simmering) und den 3. Bezirk (Landstraße), im Norden an den 4. Bezirk (Auf der Wieden), den 5. Bezirk (Margareten) und im Westen an den 12. (Meidling) und den 23. (Liesing).

Außerhalb von Wien befindet man sich in Niederösterreich. Bis 1920 gehörte Wien zu Niederösterreich und war zugleich dessen Landeshauptstadt (heute: St. Pölten).

Die Bezirke selbst sind wiederum in Bezirksteile untergliedert:

Abbildung 2: Die Karte zeigt die Unterteilung des 10. Bezirks in die einzelnen Bezirksteile
Favoriten besteht aus dem gleichnamigen und ältesten Bezirksteil Favoriten sowie Inzersdorf-Stadt. Nach 1938 kamen Oberlaa, Unterlaa und Rothneusiedl hinzu, die bis heute ihren dörflichen Charakter nicht verloren haben.

Von oben sieht das folgendermaßen aus (eigeneLuftbildaufnahme nach Start vom Flughafen Schwechat):

Abbildung 3: Das Luftbild zeigt Wien von oben, weiß markiert die Bezirksgrenze von Favoriten, die Buchstaben stehen für die einzelnen Bezirksteile: Favoriten (F), I (Inzersdorf-Stadt), R (Rothneusiedl), O (Oberlaa) und U (Unterlaa)
Der in Veruf geratene Bezirksteil Favoriten (wo auch der Mundl spielt) macht nur einen relativ kleinen Teil des zehnten Bezirks aus und gehört zum historischen Teil mit vielen Gebäuden und Sakralbauten aus dem 19. Jahrhundert. Der Name selbst rüht vom 1623 erbauten, kaiserlichen Barockschloss Favorita her.
Inzersdorf-Stadt beherbergt den Wienerberg (ganz links) mit den Hochhäusern, die als Ortsunkundigem zunächst wie die UNO-City erscheint, die jedoch weiter nordöstlich an der Donau gelegen ist, sowie das gleichnamige Erholungsgebiet, das vor allem Wasservögeln einen Lebensraum bietet. Oberlaa besteht aus vielen Feldern, dörflichen Straßenzügen und dem spärlichen Rest des Laaer Walds, der sich einst bis nach Favoriten erstreckte (und worauf die Waldgasse heute noch hinweist). Unterlaa bildete mit Oberlaa ursprünglich den Ort Laa.

Zoomen wir noch weiter hinein:

Abbildung 4: Das Luftbild zeigt die Bezirksteile Favoriten und Oberlaa

Im vergrößerten Ausschnitt sieht man das Neubaugebiet rund um den Laaer Berg (254m, im lokalen Sprachgebrauch Monte Laa genannt). Von anderen Ecken Wiens leicht sichtbar anhand des 80 m hohen Gebäudes der Baufirma Porr, deren gelber Schriftzug unübersehbar am Gebäude prangt.
Die Favoritenstraße als schnurgerade Linie ist im unteren Bereich (ab Reumannplatz) als Einkaufsmeile angelegt. Hier finden sich alle wichtigen Geschäfte des Alltags, darunter innerhalb des Columbus-Centers auch ein Saturn und ein Merkur. Der Hauptbahnhof ist derzeit teileröffnet (nur Regionalbahnen) und wird im Dezember 2014 volleröffnet, samt eines von gefühlten 1000 neuen Einkaufszentren, und vereint den abgerissenen Süd- und Ostbahnhof als später durchgängige Achse Graz - Bratislava.

Im Laaer Wald befindet sich der Böhmische Prater, eine Miniatur des Volkspraters, der als Vergnügungspark vor 100 Jahren für die Arbeiter angelegt wurde (der Bezirksteil Favoriten ist ein ehemaliger Arbeiterbezirk mit billigen Gemeindebauten oder Altbauten, daher heute bei Migranten aus der Arbeiterschicht immer noch sehr beliebt).
Die Löwygrube ist ein Freizeitgebiet für Hunde, der Laaer Wald gehört dagegen den Tieren und Spaziergängern. Ein weiteres großes Naherholungsgebiet bietet der Kurpark Oberlaa, der im Norden durch die Buslinie 68A und im Süden durch die Straßenbahnlinie 67 öffentlich angebunden ist.

Kriminalität 

Die zweitmeisten Straftaten werden in Favoriten verübt, knapp nach der Inneren Stadt, darunter ist ein großer Prozentsatz der Diebstahl fremden Vermögens, d.h. Raubüberfälle auf Wettlokale, Supermärkte, Banken, Postfilialen und Handyraub.

Kriminalitätsstatistiken gibt es z.B. hier:

Statistik für den Jänner 2011 - Wien
Statistik für die einzelnen Bezirke (2006-2008)
Statistik nach Deliktgruppen und Bezirke (2006-2008)

Das Ganze relativiert sich aber, wenn man bedenkt, dass 10 % der Einwohner Wiens, nämlich 177.000 im zehnten Bezirk lebt, was einer Einwohnerdichte von ca. 5500 pro km² entspricht (Innere Stadt: 5800).

Ein Großteil von Favoriten ist jedoch recht attraktiv durch die Grünflächen und Naherholungsgebiete - was man nicht vermutet, wenn man sich nur zwischen Triester und Laxenburger Straße aufhält.
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Am Monte Laa leben viele Nationalitäten auf engstem Raum größtenteils friedlich zusammen und zelebrieren auch gemeinsame Projekte und Feste.

Abbildung 5: Das Bild zeigt den Kurpark Oberlaa im Herbst mit prächtigen Laubfarben


Abbildung 6: Porr-Gebäude, fotografiert vom Laaer Wald (gen Nordwesten)
Monte Laa ist ein Eigenname und auch auf der Südosttangente mit Abfahrt Favoriten findet sich diese Bezeichnung angeschrieben. Darum erstaunt es mich jedes Mal, wenn der Taxler mit Monte Laa nichts anzufangen weiß, aber da viele Taxifahrer nicht gebürtige Wiener sind, ist es an sich nicht so verwunderlich. 

Und warum sollte man jetzt dem Bezirk Favoriten einen Besuch abstatten?

Weil es hier ein paar nette Sehenswürdigkeiten gibt:
  • Bahnorama-Aussichtsturm: Plattform auf 40 m Höhe (Kosten: 2,50 pro Person), noch bis zum Vollbetrieb des Hauptbahnhofs (Dezember 2014) in Betrieb, danach wird er abgebaut. Der Blick auf die ganze Stadt lohnt sich.
  • Favoritenstraße: Vom Reumannplatz bis zum Hauptbahnhof eine Fußgängerzone, die funktioniert. Mit Querungen, jede Menge Sitzmöglichkeiten, einem netten Platz am Columbusplatz mit Cafés und öfters Live-Musik, wenn auch nie meine Richtung (eher für die Jugend).
  • Viktor-Adler-Markt: Kleiner Wochenmarkt mit großer Auswahl und nettem türkischem Café, zu meiden nur in Wahlkampfzeiten, da leider auch Stammplatz der FPÖ 
  • Amalienbad: Hallenbad aus dem Beginn des 20. Jahrhunderts, im Jugendstil erbaut 
  • Erholungsgebiet Laaer Berg: mit dem Laaerwald (für Hunde gesperrt) und einem zugänglichen Teich, der allerdings zum Vogelschutzgebiet zählt, recht ruhig und idyllisch gelegen
  • Erholungsgebiet Wienerberg: das Pendant im südwestlichen Bezirksteil, ehemals Gelände der größten Ziegelfabrik Europas (in den 60ern stillgelegt)
  • Kurpark Oberlaa: Große Parkanlage mit mehreren Teichen, verwilderten und gepflegten Abschnitten 
  • Böhmischer Prater: Kleine Ausgabe des Volkspraters, mit wenigen Fahrgeschäften, aber guter Gastronomie (Hausmannskost, leistbare Preise), vom dortigen Mini-Riesenrad hat man eine gute Aussicht über das ganze Stadtgebiet, aber auch Richtung Kleine Karpaten und Leithagebirge. Bei klarer Luft kann man sogar die Burg Bratislava erkennen.
Abbildung 7: Auf den Feldern im Südosten Favoritens
Abbildung 8: Johanneskirche Unterlaa - Unterhalb der Fenster mit dem Malteserkreuz werden die Fundamente eines römischen Grabhauses sichtbar, das im 3. Jahrhundert errichtet wurde. Darüber hat man im 9. Jahrhundert die erste Kirche aufgebaut, im frühen 11. Jahrhundert den heutigen Bau, der von den Türken während der zweiten Türkenbelagerung (1683) großteils zerstört wurde.
    Mit der Galerie Ostlicht in der Ankerbrotfabrik (Absberggasse) hat sich inzwischen auch etwas Kunst im zehnten Bezirk angesiedelt. Sonst aber schaut es hier eher mager aus. Auch der Ramschkitschspielzeugweihnachtsmarkt auf der Favoritenstraße ist jedes Jahr entbehrlich. Speziell am MonteLaa gibt es zu wenig Freiraum für Kinder, den schlaue Architekten auf die Innenhöfe umlegten.

    Seitdem sind Beschwerden über die Lautstärke (fußball)spielender Kinder häufiger geworden. Nicht nur an Freiraum mangelt es, sondern auch an Freizeitmöglichkeiten gastronomischer Kultur. Da gibt es den Böhmischen Prater, und das Gasthaus Müller im Porr-Turm, das mit seinem abgeschotteten Nichtraucherraum allerdings wenig Gemütlichkeit versprüht. Was ist mit einem Café oder einer Bäckerei? Dies soll erst mit dem nächsten Bauschub kommen, dem aktuellen Bau eines weiteren Wohngebäudes.

    Seit Jahren kämpfen die MonteLaaer auch um eine bessere Verkehrsanbindung, diese könnte kommen, wenn entweder die 67 im Zuge des U1-Ausbaus umgelegt wird, oder die Linie D vom Sonnwendviertel verlängert wird. Beides wird aber noch viele Jahre dauern, der Weg zur U1 (Verteilerkreis) ist jedenfalls zu lang (15min).

    PS: Hervorragende Informationsquellen für den Stand der Dinge rund um den neuen Hauptbahnhof am Südtiroler Platz sind dieser Blog von Manfred Itzinger, sowie im weltweit größten Architekturforum in der Sektion Wien.

    Sprachliche Freizügigkeit

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    Die Schweizer haben entschieden: Von der EU profitieren, in der EU arbeiten, aber nicht bei uns arbeiten lassen. Rechtspopulisten haben gewonnen und gleichzeitig Rechtspopulisten in den Nachbarländern gestärkt, die sich eben nicht darüber beklagen, wenn Inländer nicht mehr im Ausland arbeiten dürfen, weil sie diesen ohnehin die Sozialleistungen kürzen wollen. Im 21. Jahrhundert fordern also diese Neandertaler, dass gefälligst jeder Staatsbürger im Land zu bleiben habe, und bloß nicht erwarten dürfe, im Ausland mit offener Herzlichkeit empfangen zu werden. In Österreich gibt es keine Volksabstimmungen zu derart einschneidenden Themen, die - wie im Fall der Schweiz - das Verhältnis zur EU deutlich verschlechtern wird. Aber in einem Land, wo ein Mitglied in einer rechtsextremen Burschenschaft über Jahre hinweg Dritter Nationalratspräsident sein darf, wo ein Burschenschaftlerball in repräsentativen Sitz des Staates stattfinden darf, wo ein Austrofaschist in den Räumlichkeiten der Volkspartei hängt, und wo sich Bürgermeister und Politiker von Parteien rechts der rechts stehenden Mitte Nazisager leisten können, ohne zurücktreten zu müssen, wäre eine Mehrheit gewiss für eine Minuszuwanderung.

    Inmitten der latent ausländerfeindlichen Debatte um Personenfreizügigkeit platzt ein Leserbrief im FALTER (Ausgabe 7/14) zum Thema Basics - Grundkurs Kochen, in dem sich eine von den SprachpolizistInnen  über die "sprachliche Ausprägung" echauffiert. "Unter dem Druck des Hochdeutschen schwinde die österreichische Sprache dahin" heißt es da. Nach der Aufzählung von Beispielen beschließt die Leserin mit "Ich glaube, dass derlei nicht-österreichischer Ausdrücke nicht notwendig sind." Mir lag nach der Lektüre ein "geh scheißen, oide!" auf der Zunge, aber der bittere Beigeschmack ließ mich zögern. Ich könnte meine Landsmänner und -frauen natürlich verteidigen, etwa, dass unter Basisgrundköchen auch einige Studenten sein können, von denen ein nicht unwesentlicher Prozentsatz aus Deutschland stammt, die sich von einem solchen eher hip daher geschriebenem Text durchaus angesprochen fühlen könnten, oder dass sich Sprache seit der Urzeit wandelt wie das Klima, nicht statisch ist, sondern flexibel. Eine Vielzahl der Wörter in meinem Wiener Dialektlexikon sind eben nicht typischösterreichisch, sondern stammen aus dem Jüdischen (Schmäh), dem Tschechischen (barabern), dem Ungarischen (Palatschinken) oder sind ausgerechnet aus jenem Land eingeführt, über das sich die Leserin so aufpudelt, wie das althochdeutsche Goschen oder das mittelhochdeutsche keppeln. Dolm stammt dagegen aus Tirol, ein Dolm, wer böses denkt. Im Sinne der Umwelt hoffe ich jedenfalls, dass das Plastiksackerl kein ewiges Dasein fristet, die Treppe darf ausgesprochen werden, wenn das Packerl die Zielstiege im Haus findet. Möchte sagen, solange die Völkerverständigung nicht beeinträchtigt ist, soll sich jeder so ausdrücken, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Nicht zuletzt fordert der Beißreflex der österreichischen Sprachminderheit auch eine Textanalyse des verschmähten (je ne m'en fous, pardon!) Basisgrundkurs Kochen. Und in diesem stechen eben eine Vielzahl allochthoner Wörter heraus:

    Ribollita (Überschrift!)
    ribollire
    Authentizititätsstiesel (Flegel)
    Cavalo Nero
    Zolfini-Bohnen
    Brassica oleracea palmifolia
    Winterminestrone
    Würzkicktrick
    Paradeispulpe (österr.-frz.)
    Püree
    Killerkniff
    Ampolloso

    Ganz davon abgesehen, dass ich mich über die sprachliche Gewitztheit des Autors gar nicht aufganserlt hätte, ist es wohl Ironie der Geschichte, wenn einerseits alles Hochdeutsche bekämpft wird, andererseits die Mehrsprachigkeit der Zuwanderer aus der Türkei und dem ehemaligen Jugoslawien nicht als Vorteil betrachtet wird. Sollte ich die werte Leserin anzwidert haben, war das beabsichtigt. In meinen Augen war der Leserbrief jedenfalls eine Bauchplätschen.

    Amazon-Rückfall: einmalig

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    Ja, ich habe gesündigt.

    Vor einem Jahr kündigte ich nach zehnjähriger Laufzeit mein Amazonkonto, weniger wegen dem Leiharbeiterskandal als wegen der Zerstörung des Einzelfachhandels, besonders des Buchhandels.

    Am Sonntag, 16. Februar hatte ich einen Anfall von Gier nach Original-DVDs, die man in herkömmlichen Läden kaum noch findet. Ohnehin wird immer mehr in Blueray angeboten, wofür mir aber entsprechende Geräte fehlen. Also legte ich mir kurzerhand ein neues Amazonkonto an, das ich auch nur für DVDs verwenden wollte. Als Zahlungsart wählte ich Bankeinzug. Nachdem es in der Vergangenheit nie Probleme gab, gab ich die Bestellung, bestehend aus zwei Teilbestellungen auf (1 DVD aus dem Ausland, 3 aus dem Inland) auf, bekam die Bestätigung, die Pakete wurden rasch geliefert. Alles in Ordnung?

    8 Tage später, am Montag, 24.2., in der Früh, erreicht mich folgende E-Mail von Amazon
    Guten Tag,
    der Zugang zu Ihrem Kundenkonto ist vorübergehend nicht möglich. Noch nicht abgeschlossene Bestellungen wurden automatisch storniert.

    Wir weisen darauf hin, dass auf Ihrem Kundenkonto noch Zahlungsrückstände für frühere Bestellungen bestehen.

    Über die Zahlungsrückstände wurden Sie bereits per E-Mail informiert.

    Sobald alle Zahlungsrückstände beglichen sind, werden wir Ihr Kundenkonto wieder freischalten.
    Zuerst dachte ich an eine Phishing-Mail, weil keine Anrede vorhanden war, und ich zuvor keine E-Mail über eine fehlgeschlagene Abbuchung erhalten hatte. Der Login-Versuch schlug jedoch fehl, ich konnte tatsächlich nicht auf mein Konto zugreifen. Damit konnte ich aber auch nicht überprüfen, ob ich die korrekten Bankdaten angegeben hatte. Ich hatte das erste Mal die IBAN verwendet, eine lange Zahl, leider ...

    Am selben Tag, nachmittags, kommt die zweite E-Mail:
    Guten Tag, xxxxxxxx ,

    wie vereinbart haben wir versucht den Betrag fuer Ihre Bestellung von Ihrem Konto abzubuchen. Die Bezahlung dieser Bestellung konnte aus folgendem Grund nicht abgeschlossen werden: Die fuer die Abbuchung angegebene Bankverbindung war fehlerhaft.

    Wir fordern Sie hiermit hoeflich auf, den ausstehenden Betrag in Hoehe von EUR xxxx bis spaetestens xxxxxxx (Zahlungseingangsdatum) unter Angabe der Verwendungszweck-Nr. xxxxx auf folgendes Konto zu ueberweisen:

    xxxxxxxx

    Der Betrag setzt sich wie folgt zusammen:
    _________________________________________
    Rechnung xxxxx EUR
    Bearbeitungsgebuehr 6,00 EUR

    Hinweis:
    Dieses Schreiben bezieht sich auf Ihre Bestellung XXXXXXXX (1. Teilbestellung). Sie koennen diese Bestellung jederzeit ueber "Mein Konto" auf der Website einsehen. Geben Sie hierzu einfach die Bestellnummer in dem Feld "Bestellungen suchen" ein und klicken Sie auf "Los".
    Nach nur 7 Tagen also 6 € Mahngebühren, die sich aber nur auf die erste Teilbestellung bezogen. Die zweite Bestellung war bereits versandt worden und konnte somit nicht mehr storniert werden. Aufgrund der Sperre des Kundenkontos konnte ich die Bestellung aber nicht einsehen!

    Auf der Hilfe-Seite von Amazon wird auch vorgeschlagen, wie man bei falscher Angabe von Bankdaten vorzugehen hat:
    Aktualisieren Sie in diesen Fällen bitte Ihre Bankdaten über Mein Konto. Bei bestehenden, aber noch nicht versandten Bestellungen, klicken Sie dazu unter Meine Bestellungenbei der betreffenden Bestellung auf Zahlungsart ändern. Für zukünftige Bestellungen nehmen Sie Änderungen bitte auf Mein Kontoüber Zahlungsart verwalten vor, eine neue Zahlungsart hinterlegen Sie bitte über Zahlungsart hinzufügen.
    Auch dies brachte mir für die zweite, noch ausstehende Teilbestellung nichts, da sie bereits versandt worden war. Zudem konnte ich nicht auf das Konto zugreifen.

    Heute,25.2., 4:32 erreicht mich folgende E-Mail:
    Guten Tag, xxxx, 

    wie vereinbart haben wir versucht den Betrag fuer Ihre Marketplace-Bestellung von Ihrem Konto abzubuchen. Die Bezahlung dieser Bestellung konnte aus folgendem Grund nicht abgeschlossen werden: Die fuer die Abbuchung angegebene Bankverbindung war fehlerhaft. 

    Der Verkaeufer hat seine Forderung gegen Sie an uns abgetreten. Wir fordern Sie hiermit hoeflich auf, den ausstehenden Betrag in Hoehe von EUR xxxx bis spaetestens xxxxxx (Zahlungseingangsdatum) unter Angabe der Verwendungszweck-Nr. xxxxx auf folgendes Konto zu ueberweisen:

     xxxxxx 

    Der Betrag setzt sich wie folgt zusammen:

    Rechnung xxxx EUR Bearbeitungsgebuehr 6,00 EUR 

    Somit darf ich auch für die zweite Rechnung 6 € Mahnungsgebühren berappen, insgesamt betragen sie 12 € bei einem Bestellwert von 45 €, unter denen sich ohnehin schon 4 € Versand befinden.

    Fazit: 

    Amazon behauptet von sich, das "kundenfreundlichste Unternehmen der Welt" zu sein, sperrt aber bereits nach einer Woche nach einer offensichtlich falsch angegebenen Kontonummer das Kundenkonto. Es hätte völlig genügt, weitere Bestellungen zu verunmöglichen! Von einem kundenfreundlichen Unternehmen, das "Bezahlung direkt bei Erhalt der Ware" erwartet, erwarte ich mir zudem eine Benachrichtigung über ausstehende Zahlungen bzw. etwaige Rückbuchungen, wenn es zu falschen Bankdaten kommt. Dann bemerkt der Kunde noch rechtzeitig etwaige Fehler und kann rasch handeln, ohne dass es zu Mahnungen kommt. Dies gilt besonders jetzt in der Zeit der Umstellung auf die IBAN. Zudem ist es kundenunfreundlich, bei Teilbestellungen, wo nach der ersten fehlgeschlagenen Buchung einleuchtend ist, dass die zweite auch fehlschlägt, für beide Buchungen Mahngebühren zu verlangen.

    In zehn Jahren Amazonkunde davor hatte ich nie Probleme, im Gegenteil. Eine teure Bestellung erreichte einmal ihr Ziel nicht, ich reklamierte und bekam sie noch einmal zugeschickt, ohne irgendetwas nachweisen zu müssen. Nun haben sich die Zeiten offenbar geändert, und ich komme zu dem Schluss, dass ich als Käufer bei Amazon offenbar nicht mehr erwünscht bin, und werde mein Konto so bald wie möglich wieder löschen, und auf anderweitigen Wege versuchen, an meine Lieblings-DVDs zu kommen.

    Teil 1: Fußgänger, Radfahrer, Autofahrer: eine Erregung

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    Zunächst eine Sammlung der gegenseitigen Ärgernisse. Im Teil 2 dann eine differenziertere Betrachtung, warum es immer wieder zu Konfliktsituationen kommt, und warum in Wien die Radfahrer besonders unbeliebt sind.

    Fußgänger aus Sicht der Autofahrer [in der Stadt]: 
    • halten sich nicht an rote Ampeln 
    • kommen plötzlich zwischen parkenden Autos hervor
    Autofahrer aus Sicht der Fußgänger
    • halten nicht an Zebrastreifen 
    • biegen rasant ab, ohne auf Fußgänger zu achten
    • in Wohngebieten oft mit zu hoher Geschwindigkeit unterwegs (Kinder!)
    Radfahrer aus Sicht der Autofahrer
    • halten sich nicht an Verkehrsregeln
    • drängeln sich waghalsig zwischen den Kolonnen vor (toter Winkel)
    Radfahrer aus Sicht der Fußgänger 
    • benutzen Gehsteige mit (wo eine Straße vorhanden wäre, z.B. Lange Gasse)
    • rasen in Fußgängerzonen bzw. verkehrsberuhigten Zonen und pampen Fußgänger dann noch an (neue Mahü)
    • halten nicht an roten Ampeln und Zebrastreifen 
    • missachten generell Verkehrsregeln
    Fußgänger aus Sicht der Radfahrer
    • laufen gedankenlos auf dem Radweg herum (besonders Touristen und Smartphone-Benutzer, etwa am Ring oder in Argentinierstraße)
    • gehen besonders gerne auf dem Radweg Gassi, wenn sich daneben der Grüngackerlstreifen befindet (z.B. Steudelgasse)
    • wechseln vorwarnungslos vom Gehsteig auf den Radweg (z.B. um die Straße zu überqueren)
    • gehen nicht beiseite, wenn man klingelt (Kopfhörer oder Egoismus)
    • schnauzen einen an, wenn man sie am Radweg anklingelt.
    Autofahrer aus Sicht der Radfahrer
    • überholen sehr dicht (besonders wenn der Radstreifen breit und die Fahrbahn "zu schmal" ist, z.B. Alserbachstraße, Nußdorfer Straße)
    • biegen rasant ab, ohne auf Radfahrer-Vorfahrt zu achten (besonders am Ring)
    • fahren oft bis zur Einmündung vor, ohne auf Radfahrer-Vorfahrt zu achten (z.B. Gudrunstraße)
    • brenzlige Situationen durch multitaskende Autofahrer (telefonieren/SMS schreiben und den Radweg blockieren)
    • parken öfter so, dass das Heck ihres Autos in den Radweg hineinragt (z.B. Laaerbergstraße)
    Zur Information:

    Ich bin Fußgänger und Radfahrer. 

    Kinder sind doch nicht normal

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    Eines Morgens im 68A auf dem Weg zum Reumannplatz.

    Steigt eine Frau mit Kinderwagen ein, das Baby schreit.
    Hinten sitzt ein alter Mann, sagt plötzlich laut: " Bringen Sie das Kind doch bitte zur Ruhe!"
    Allgemeine Empörung im Bus.
    Neben mir sagt einer im tiefsten Urwienerisch: "Dir hams wohl in die Hirnschüssl gschissn?!"
    Der alte Mann setzt nach "Das ist doch nicht normal sowas!"
    Der Urwiener: "Das ist ein Kind, in dem Alter ist das normal" und setzt noch einen Ausdruck nach, den ich nicht mehr wiedergeben kann.
    Der alte Mann sieht sich zunehmender Gegenwehr ausgesetzt und entgegnet wiederum laut: "Wir leben in einer Demokratie. Hier hat man das Recht, seine Meinung zu sagen!"
    Spätestens jetzt konnten sich die meisten im Bus das Grinsen nicht mehr verkneifen.
    Der Urwiener und der Mann (im Schönbrunnerisch) haben sich dann weiter Wortduelle geliefert.
    Ein Mann neben der Frau mit dem Kind hat in Richtung des Urwieners nur den Kopf geschüttelt, wahrscheinlich befürchtete er, dass das gleich mehr als nur ein verbaler Akt wird.
    Passiert ist aber letzendlich nichts bzw. bin ich vorzeitig ausgestiegen, wo sich weiterer Fahrgäste ebenfalls über das Verhalten des alten Mannes echauffierten.

    PS: Ja, bei mir erreicht Babygeschrei bisweilen auch Schmerzgrenzen, besonders nach Feierabend, aber öffentlich würde ich mich über das junge Geschöpf nie echauffieren, sondern als von Gott bzw. Frau gegeben hinnehmen und gemütlich meinen MP3-Player lauter stellen.

    Mahü-Umfrage: Niemand ist zufrieden

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    Nach dem heutigen Stand wurde so entschieden:
    • 53,2% Pro Verkehrsberuhigung
    • 55,9% Pro Querungen
    • 52,9% Pro Radfahren
    Knappe Mehrheiten für die Fußgängerzone, wobei die Autofahrer als klare Sieger hervorgehen, denn es wird wieder mehr Querungen geben. Aber auch die Radfahrer bleiben der Fußgängerzone erhalten, und die Fußgänger dürfen weiterhin auf der Mitte der Straße flanieren. Alle haben gewonnen und damit keiner?

    Zunächst einmal ist die Abstimmung über ein Stück Asphalt ein Signal für die gesamte Stadt Wien, in der es bei jeder Einführung einer Fußgängerzone ein Drama gegeben hat. In einer Stadt, wo sich Öffis und Fußgänger gefälligst dem Individualverkehr unterzuordnen haben, und dieses Privileg nur sehr langsam abgebaut wird. Unter tatkräftiger Unterstützung der amtierenden Rotgrünen Stadtregierung. ÖVP-FPÖ sind prinzipiell gegen alle Vorschläge, die irgendwie Lebensqualität in eine Stadt bringen. Gegen Fußgängerzonen, gegen die Donauinsel, gegen das ORF-Funkhaus in der Argentinierstraße, und natürlich gegen die Talibanradfahrer!

    Am Anfang war ich - uninformiert und naiv - für die Fußgängerzone, obwohl ich ...

    ...weder dort wohne
    ...mich dort gerne aufhalte
    ...mit dem Rad nie durchfahre

    Nach Diskussionen mit Anrainern bröckelte meine uneingeschränkte Zustimmung jedoch, denn durch die Umlegung der Busroute und die Verunmöglichung von Querungen sind ehemals ruhige Seitengassen plötzlich laut geworden, was zulasten der Lebensqualität geht. Ich kann das gut nachvollziehen, nachdem ich auch in einer Seitengasse wohne, die unter Durchzugsverkehr leidet. Wie muss es erst für jene Anwohner sein, die sich bewusst für diese Gasse entschieden haben, weil sie ruhiger als andere Gassen ist? Richtig, da fühlt man sich ver*rscht. Es bleiben nur (teure) Dämmungsmaßnahmen, sich an Verkehrslärm zu gewöhnen oder wegzuziehen. Das sind keine wirklich tröstlichen Optionen. Und wenn dann Grünenpolitiker herumgehen und unreflektiert herumposaunen, wie toll doch eine Verkehrsberuhigung für alle ist, fühlen sich Anrainer, die jetzt unter der veränderten Einbahnstraßen- und Busregelung leiden, noch mehr ver*rscht.

    Insofern ist das mit den Querungen durchaus ein Gewinn, denn an der Fußgängerzone ändert das nichts und die Querungen in der Favoritenstraße zwischen Reumannplatz und Columbusplatz funktionieren problemlos, da die Rotphasen für Fußgänger relativ kurz sind (die Grünphasen allerdings auch, hier sollte der Vorrang doch für Fußgänger gegeben sein, aber das ist ein allgemeines Problem in Wien, dass die Dauer der Grünphasen für die Fußgänger nur für trainierte Leistungssportler konzipiert wurde, nicht für ältere, gehbehinderte Menschen). Warum sollte dieses Modell nicht auch in der Mariahilfer Straße funktionieren? Und während man am neuen Wiener Hauptbahnhof mehrere Unterführungen und Brücken geschaffen hat, um den zehnten und dritten Bezirk miteinander zu verbinden, darf gerade nicht die Mariahilfer Straße als Mauer innerhalb eines belebten Grätzels fungieren.

    Zu guter Letzt die Radfahrer. Bekannte profitieren von der Durchfahrt, Bekannte stören sich am 10 %-Trottelanteil unter den Radfahrern, aber das ist längst kein mariahilferstraßenspezifisches Problem, sondern ist ein Konglomerat aus Unwissenheit/Ignoranz von Verkehrsregeln, Arroganz, und der jahrzehntelangen Vernachlässigung der Radfahrer als gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer, die für weniger Abgase & Lärmbelastung sorgen, und darüber hinaus auch viel kleinere Parkplätze benötigen, aber nur stümperhafte Radwege bekamen, die noch dazu dermaßen aufhalten, dass man mit Öffis und Auto eben doch schneller ist. Ich bin also klar für Radfahrer, weil sie schlicht und einfach nicht so laut sind wie Autofahrer. Zudem sind mir aus der Vergangenheit keine tödlichen Unfälle bekannt, in denen Radfahrer Fußgänger niedergefahren haben.

    Im Hinblick auf die Mariahilferstraße befürworte ich das Ja, denn es ermöglicht nun die Radfahrer NACH dem Umbau in die Schranken zu verweisen. Das geschieht bereits rein optisch, wenn der Höhenunterschied und der Belag zwischen Gehsteig und Straße angeglichen wurde. Ein durchgängig und eben gepflasterter Belag erweckt auch optisch nicht mehr dem Eindruck einer Straße, und das wird das Verhalten VIELER Radfahrer ändern, sie nämlich dazu anhalten, langsamer und rücksichtsvoller zu fahren. Daneben gibt es weitere Maßnahmen, an die Rücksichtnahme der Radfahrer zu appellieren:

    ...etwa eine (präventative) Kampagne im Zuge der radeltzurarbeit-Aktion im Mai.
    ...explizit Schrittgeschwindigkeit in der Kernzone der Fußgängerzone einfordern
    ...Schwerpunkt-Kontrollen zumindest in den ersten Monaten der (später) nivellierten Fußgängerzone
    ...Alternativroute durch die Lindengasse für Pendler und Fahrradkurier (die Eiligen), während man die FuZo für die Schönwetterradfahrer überlässt.

    Ja, zur Not geht es eben nur über Strafen, aber es gibt eben auch einen mehrheitlichen Anteil unter den Radfahrern, die sich korrekt verhalten und die vor allem die Rowdies unter der Minderheit extrem ankotzt, weil sie das Ansehen des Radfahrens an sich in den Dreck zieht. Dabei braucht Wien noch viel mehr Radwege, vor allem sicherere Radwege, die nicht als Verlegenheitslösung zu schmal auf die Fahrbahn aufgepinselt werden, oder die sich den Platz mit Fußgängern teilen müssen, was naturgemäß schiefgeht, und die blauschwarze Opposition wieder zu ihren Gunsten ausschlachten kann.
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