In der letzten ImZentrum-Sendung im ORF vor der Sommerpause stand der Hanf im Mittelpunkt.
Zu Gast waren ....
1. Nur weil andere, völlig zu recht verteufelte und zu Unrecht verharmloste Drogen wie Nikotin oder Alkohol legal sind, ist das noch kein Grund, andere, nicht so harmlose Drogen (siehe Argumente der beiden Ärzte und der Psychologin) auch zu legalisieren. Wie Blass anmerkte, muss dieser Schritt - wenn er denn passiert - schrittweise geschehen, Hand in Hand mit Prävention, die schon da ansetzt, zu verhindern, dass überhaupt Drogen notwendig werden!
Ebenso wie Rasinger mehrfach das Argument brachte, er möchte zu zwei bestehenden riesigen Problemen (Lebensverkürzung, Folgeschäden) durch Alkohol & Nikotin nicht noch ein Drittes künstlich herbeiführen, begründete Herr die Legalisierung damit, dass Alkohol noch viel schlimmer sei. Das macht Cannabis aber nicht weniger schlimm! Das ist eben auch in Relation zu sehen, denn oft bleibt es nicht bei dem "ein oder anderen Joint", und die Abhängigkeit von Cannabis macht eben anfällig für "is ma wuascht"-Haltung, wie auch Velàsquez ein Beispiel für den schulischen Niedergang nannte.
Und es geht bei der Legalisierung eben nicht um Erwachsene, denen man den Drogenkonsum noch als Eigenverantwortlichkeit - wie bei Alkohol oder Nikotin - ansehen könnte, sondern um Jugendliche, die laut Gesetzeslage Alkohol und Nikotin unter 16 erst gar nicht konsumieren dürften. Die erwachsenen Brüder und Freunde könnten also wie beim Alkohol Cannabis besorgen und an ihre kleineren Brüder abgeben.
Zu Gast waren ....
Julia Herr
Vorsitzende der Sozialistischen JugendErwin Rasinger
ÖVP-Gesundheitssprecher, praktischer ArztKurt Blaas
praktischer Arzt, Österreichischer Hanf-VerbandAlois Birklbauer
Experte für Strafrecht, Universität LinzSandra Velásquez
Kinder-, Jugend- und Familienpsychologin
Ihre Positionen ...
Herr:
Cannabis legalisieren, weil 40 % der Jugendlichen ohnehin schon kiffen, und weil man den Schwarzmarkt unterbinden muss, der Cannabis in nicht bekannten Dosen/Verunreinigungen weiterverkauft und möglicherweise noch härtere Drogen dazu anbietet. Alkohol und Nikotin ist viel gefährlicher und wird auch nicht kriminalisiert. Politik scheinheilig, die für das Weinland Österreich wirbt, von hartem Alkohol ganz zu schweigen. Legalisierung vorwiegend als Ziel der Kontrolle durch den Staat und Einnahmequelle, um Präventionsarbeit zu betreiben.
Rasinger:
Warum zu zwei legalen Drogen/Abhängigkeitspotentialen ein drittes Problem schaffen? Um ein Drittel mehr Kiffer wären zu befürchten, wenn Cannabis legal wäre. Kiffen kann Psychosen verursachen (z.B. Schizophrenie), gerade im Jugendalter gefährlich, da das Gehirn besonders anfällig ist, kann das Gehirn dauerhaft schädigen. Verbote wichtig als Vorbildwirkung. Dass sie nicht funktionieren ist kein Argument gegen ein Verbot, sondern es gilt zu hinterfragen, warum sie nicht eingehalten werden. Davon abgesehen sind Alkohol, Nikotin, Spielsucht, Internetsucht ein großes Problem, das zu lasch gehandhabt wird in Österreich. Speziell hier generelles Suchtpotential sehr groß. Alkohol kriminalisieren halte er für falsch, da Alkohol in geringen Mengen gesund sei, das Viertel Rotwein am Abend senke Herzinfarktrisiko etwa um 50 %.
Velàsquez:
Prävention wichtiger als Kriminalisierung oder Legalisierung.Warum greifen Jugendliche so früh schon zu Drogen? Vernachlässigen Eltern ihre Erziehungspflicht? Warum rauchen 12 jährige schon? Jugendliche leiden unter immer größerem Stress (Leistungsdruck!).
Blaas:
Unterschied wichtig zwischen dem Kiffer von der Straße und schwerkranken Menschen, die Cannabis zur Heilung oder Linderung ihrer Krankheitssymptome brauchen (Schmerzlinderung, Appetitanregung). Cannabis als medizinisches Mittel ist bereits legal. Kann sich Ärzte/Ordinationen (Arzt hat freie Wahl) als Aufklärungsorte vorstellen, als Mediatoren, um über Gefahren aufzuklären. Nicht für jeden ist Cannabis geeignet. Kann bestehende Vulnerabilität für Psychosen oder Abhängigkeiten auslösen bzw. verstärken. Auch immer mehr Erwachsene sind betroffen, in geringen Mengen schade Cannabis nicht, als Ersatz für Alkoholrausch.
Birklbauer:
Gesetzlage diffus, Besitz strafbar, Konsum nicht, da als gesundheitliches Problem betrachtet. Strafen sind dennoch unverhältnismäßig hoch, zudem sorgt das Prozedere durch die Polizei und Anklage für Stigmatisierung der Betroffenen im Umfeld, kann Job für die Zukunft verbauen. Verbote wirken nicht.
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Zu der ganzen überwiegend sachlichen Diskussion ohne Untergriffe und mit wirklich vielen Argumenten pro und contra, wobei mir besonders Rasinger, der ja auch als praktischer Arzt nicht auf der Nudelsuppe daher geschwommen ist, positiv auffiel, habe ich zwei Anmerkungen ...
Ebenso wie Rasinger mehrfach das Argument brachte, er möchte zu zwei bestehenden riesigen Problemen (Lebensverkürzung, Folgeschäden) durch Alkohol & Nikotin nicht noch ein Drittes künstlich herbeiführen, begründete Herr die Legalisierung damit, dass Alkohol noch viel schlimmer sei. Das macht Cannabis aber nicht weniger schlimm! Das ist eben auch in Relation zu sehen, denn oft bleibt es nicht bei dem "ein oder anderen Joint", und die Abhängigkeit von Cannabis macht eben anfällig für "is ma wuascht"-Haltung, wie auch Velàsquez ein Beispiel für den schulischen Niedergang nannte.
Und es geht bei der Legalisierung eben nicht um Erwachsene, denen man den Drogenkonsum noch als Eigenverantwortlichkeit - wie bei Alkohol oder Nikotin - ansehen könnte, sondern um Jugendliche, die laut Gesetzeslage Alkohol und Nikotin unter 16 erst gar nicht konsumieren dürften. Die erwachsenen Brüder und Freunde könnten also wie beim Alkohol Cannabis besorgen und an ihre kleineren Brüder abgeben.
2. Woraus besteht denn ein Joint? Wenn hier so scheinheilig darüber geredet wird, dass Nikotin viel schlimmer als Cannabis sei. Wie raucht man denn Cannabis? Da wird kein Gramm in den Filter gebröselt und das natur pur geraucht, nein, da ist natürlich auch Tabak drin, sogar mehrheitlich Tabak! Und woraus besteht Tabak? Ja, u.a. aus Nikotin! Und darüber wurde gar nicht gesprochen, dass Kiffer nikotinabhängig werden können oder nach dem Kiffen, wenn der Zugang zum Cannabis abhandenkommt, die Zigarette übrig bleibt. Also natürlich ist auch Cannabiskonsum schädlich, da Cannabis selten ausschließlich konsumiert wird!
Ein definitives Ja meine Beobachtung, dass es in Österreich sehr leicht ist, süchtig zu werden. Stichwort laschestes Rauchverbot der EU, Stichwort Novomatic und Glückspiel. Neben Deutschlandradio der beste Kultursender im deutschsprachigen Raum, Ö1, und die kritische Wiener Wochenzeitung Falter werben beide für Novomatic, da sie durch Novomatic mitfinanziert werden. Niki Lauda, den jeder Österreicher kennt, darf mit Novomatic-Kapperl im ORF-Interview auftreten. Alkohol, die Unfälle am Land sind voll von rauschbedingten Unfällen. Fahranfänger, nach dem letzten Festl noch betrunken heim. Internetsucht - gut, ein weltweites Problem in Industrieländern.
Wenn hier über Scheinheiligkeit geredet wird, gäbe es viele Möglichkeiten anzusetzen. Meine Ansicht dazu ist eher, die Strafen für Cannabiskonsum auf ein verhältnismäßiges Maß anzupassen, Alkohol dafür nicht mehr zu bewerben und härtere Gesetze für den Nichtraucherschutz. Der Rest muss über Prävention gehen, und da ist die Politik natürlich auch gefragt, da der enorme Leistungsdruck, der ja schon mit der Wahl des richtigen Kindergartens und der Grundschule beginnt, u.a. in Depression und Süchte hineintreibt, und um diese präventiv anzugehen, fehlen wiederum die Psychologen und Therapiestellen, während die Kassen immer weniger Behandlungen übernehmen.