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Channel: Wiener Alltagsbeobachtungen
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Jahrzehnt der sozialen Kälte

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Lange, bevor wir die Auswirkungen des Klimawandels mit voller Härte spüren werden, macht sich soziale Kälte über dem Kontintent breit, die unsere schwer erkämpften Menschenrechte auf eine harte Probe stellt.


Großbritanniens Premier David Cameron denkt über einen Austritt aus der europäischen Menschenrechts-Carta nach, um "illegale" Migranten leichter abschieben zu können.Wir erinnern uns auch an die geplante Zensur des Internets durch Filter, die sich angeblich nur gegen Pornographie richten.

In Frankreich demonstrieren zehntausende gegen die Ehe von gleichgeschlechtlichen Menschen, die Stimmungsmache gegen Homosexuelle nimmt zu, auch Roma sind nicht sonderlich beliebt, sie werden rascher abgeschoben statt man sich um Inklusion bemüht.

Deutschland's rechtsradikale NSU-Terrorzelle ist ebenfalls noch in frischer Erinnerung. Wir denken auch daran, wie der Hungerstreik der Flüchtlinge in München als letzter Ausweg, Asyl zu bekommen, von der Polizei niedergeschlagen wurde. Die Argumentation der bayerischen Landesregierung, maßgeblich aus der CSU bestehend, kommt uns bekannt vor: "Wir lassen uns nicht erpressen. Recht muss Recht bleiben!" Durch den Rechtsruck bei der vergangenen Bundestagswahl mit fast absoluter Mehrheit der CDU wird sich wenig an der stringenten Zuwanderungs- und Flüchtlingspolitik ändern.

In der Schweiz dürfen Flüchtlinge nicht ins Freibad, auch die Roma werden als Kriminelle abgestempelt.

Ungarn macht fast täglich Schlagzeilen, von abgedrehter Wasserversorgung für Roma bei der ärgsten Sommerhitze über salonfähige Judenhetze bis zur Verbannung und Bestrafung der Obdachlosigkeit.

Die Integrationsministerin von Italien, Cécile Kyenge, ist wiederholt rassistischen Äußerungen ausgesetzt und nennt gleich ein wichtiges Ziel ihrer Arbeit:
Es ist eine Frage der Gerechtigkeit, dafür zu sorgen, dass die Kinder die in diesen Familien geboren sind oder noch vor dem ersten Lebensjahr in Italien ankommen, später dieselben Chancen haben wie die Kinder italienischer Familien.
Das Flüchtlingsdrama vor Lampedusamit über 300 Toten gibt beredtes Zeugnis über den Zustand der Flüchtlingspolitik in Italien ab. 

In Kroatien haben es Homosexuelle besonders schwer, immerhin 700 000 Kroaten sind gegen die Ehe gleichgeschlechtlicher Menschen, in Serbien hat man die Homosexuellen-Parade aus Furcht vor Übergriffen gleich ganz verboten. Vom Umgang mit Homosexualität in Russland, mit strengeren Gesetzen, gar nicht erst zu reden.

Rumänien kämpft immer noch mit seiner Vergangenheit, mit mangelnder Aufklärung über die Mittäterschaft während dem Holocaust.

Damit kämpft auch Österreich, denn jeder fünfte wahlberechtigte Österreicher hat aus Protest nicht Links gewählt, wie es in anderen Ländern "auch"üblich ist, sondern die FPÖ, die von Kellernazis durchsetzt ist. Selbst wenn man den Recherchen des jüdischen Betreibers der Kellernazi-Seite nicht glauben schenken will, reicht ein Blick auf die aktuellen Forderungen der FPÖ, um des Geistes Kind zu entlarven. 
  • Sei es die Austrittsforderung aus der EU, von der Österreich profitiert hat, aber gefälligst keine Solidarität zu leisten hat.
  • Sei es die Anbiederung bei der serbischen Community, um gegen Türken zu hetzen (mit wenig Erfolg, nur etwa 6 % der Serben wählen FPÖ).
  • Sei es die Verschärfung des Asylrechts, die Instrumentalisierung der Flüchtlinge der Votivkirche für schmutzige Plakatkampagnen.
  • Sei es Straches Würdigung von Otto Scrinzi, Gründungsmitglied der VdU, Vorgängerpartei der FPÖ, ehemaliges NSDAP-Mitglied und SA-Sturmführer, der sich nie vom Nationalsozialismus distanziert hat.
Im Wahlprogramm der FPÖ (Quelle findet jeder selbst) finden sich folgende Forderungen:


  • Keine weitere Öffnung des österreichischen Arbeitsmarktes für Arbeitskräfte aus dem Osten
  • Einführung des zeitlich begrenzten Gastarbeitermodells samt Rückführungsmöglichkeit bei Dauerarbeitslosigkeit bzw. hohen Arbeitslosenzahlen
  • Volle Sozialleistungen erst bei Staatsbürgerschaft und Sozialwohnungen nur für Österreicher
  • Ohne Deutschkenntnisse keine Teilnahme am Normalunterricht sowie Begrenzung der Ausländer pro Klasse
  • Steuerliche Entlastung für österreichische Mehrkindfamilien durch ein neues Familiensteuer-Modell
  • Nein zur Gesamtschule– Qualität statt Gleichmacherei (und damit weitere Selektion besonders jener Kinder aus Familien, die sich Nachhilfe und Kinderbetreuung nicht leisten können)
  • Asyl ist nur Schutz auf Zeit, solange Gefahr oder Verfolgung droht – bei Asylmissbrauch wird sofort abgeschoben
  • Kein Recht auf Asylanträge in Österreich für alle, die über einen sicheren Drittstaat kommen oder deren Antrag schon in einem anderen sicheren Land abgelehnt wurde
  • Keinen Platz für den radikalen Islamismus – Stopp der Zuwanderung von außerhalb Europas
  • Nein zum EU-Beitritt der Türkei
  • Förderung der deutschen Sprache insbesondere in den öffentlich-rechtlichen Medien
  • Bekenntnis zu unserer Sprache und unseren Werten als Voraussetzung für den Erwerb der Staatsbürgerschaft
Rassismus, Überfremdungsangst, unmenschliche Vorgehensweise gegen Flüchtlinge im eigenen Land nur der FPÖ zuzuschreiben, wäre aber viel zu einfach gedacht. Denn: Die VP-Innenministerin hat beschlossen, nur christliche Flüchtlinge aus Syrien aufzunehmen. Die InnenministerInnen der ÖVP verweigern in aller Regelmäßigkeit das humanitäre Bleiberecht bei Härtefällen, sie verweigern sich der Reformierung des Asylrechts und die SPÖ macht mit, sie stellt schließlich den Kanzler. Und wie SPÖ-Clubobmann Josef Cap in einem PRESSE-Interview zugab, geht es bei den pakistanischen Flüchtlingen in der Votiv- bzw. Servitenkirche ja nur um "Wirtschaftsflüchtlinge". Sie kommen halt zufällig aus demselben Teil von Pakistan wie die Kinderrechtsaktivistin, die von den Taliban bei einem Anschlag schwer verletzt wurde.

Vieles, was in letzter Zeit in Österreich geschieht, ist im "antifaschistischen" Deutschland undenkbar. Damit möchte ich die Neonaziverbrechen in Deutschland nicht beschönigen. Auch in Deutschland verstärkt die Hartz4-Armut und die Abwertung des Mittelstands die Furcht vor Überfremdung, auch in Deutschland hat man es versäumt, die Gastarbeitergeneration zu integrieren. Gerade in Deutschland gibt es besonders viele Nazis in Regionen mit wenig Migranten. In Deutschland hat aber bis auf eine rechtspopulistisch angehauchte Partei (AfD) kein rechtsradikales Gedankengut Platz in der ersten Kammer des Parlaments. Dort sitzen weder Mitglieder einer rechtsextremen Burschenschaft noch eine strafrechtlich verurteilte Politikerin.


In Österreich werden diese Missstände als alltagstauglich akzeptiert, sie sind weder einen Aufschrei noch ernstgemeinte Rücktrittsaufrufe wert. Zurück treten Politiker in Österreich ohnehin nur in Gestalt von Personalrochaden.

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