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Channel: Wiener Alltagsbeobachtungen
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Zu viel Aufregung um nichts

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Ich äußere mich hier nicht inhaltlich zum Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD. Die SPD will erstmals die Mitglieder befragen, bevor sie den Sack zu macht. Das ist zwar ein Novum, aber noch nie war die SPD so ein kleines Rad am Wagen einer großen CDU, die fast die absolute Mehrheit errungen hätte. Das verlangt viele Zugeständnisse in einer Koalition ab, und eine Koalition wird kein Pappenstil sein und kann die Stammwählerschaft nachhaltig vergraulen.

Die Bedenken hinter der Befragung verstehe ich nicht, denn die Wähler haben gewöhnlich keine Macht darüber, welche Koalitionen sich später bilden werden. Der Wählerwille zeigt nunmal die CDU auf Platz 1, die SPD auf Platz 2 und Links und Grüne auf 3 und 4. Damit sind drei Koalitionen möglich, oder Neuwahlen. Insofern verstehe ich die Argumentation nicht, die Mitglieder der SPD dürften zwei Mal abstimmen, die Nichtmitglieder nur einmal. Aus welchen Gründen jemand SPD wählt unterliegt dem Recht der geheimen Wahl. Und Abgeordnete lassen sich durch das "abgeordnet sein" bereits von der Parteilinie beeinflussen, in Österreich sagt man auch Klubzwang dazu. Hier mit verfassungsrechtlichen Bedenken zu argumentieren, ist doch etwas weit hergeholt. Wenn natürlich die Mehrheit dahintersteht, ist der demokratische Wille legimitiert, sowohl von den Mitgliedern, was irgendwie logisch ist, als auch vom Wähler, der selbst Schuld ist, wenn er der SPD die Stimme gibt und gleichzeitig keine Koalition mit der CDU will, was angesichts der Mehrheitsverhältnisse, die schon vor der Wahl recht eindeutig waren, der Katze in den Schwanz beißt. Soll heißen, er muss es hinnehmen, dass die SPD durchaus Interesse hat, wieder mitzuregieren, und dass Neuwahlen wohl kaum etwas ändern würden und irgendwer irgendwann Verantwortung und Mumm zeigen muss. Wem das nicht passt und die SPD in eine andere Richtung (Opposition und damit de fakto Neuwahlen) lenken will, der muss SPD-Mitglied werden. Dabei geht es nicht nur um Befragungen der Mitglieder, sondern auch direkte Einflussnahme auf die politische Linie.

Summa summarum verstehe ich die Diskussion nicht, bin da vermutlich auch zu naiv.

Fürs Protokoll: Shitstorm sowohl gegen Slomka als auch gegen Gabriel empfinde ich als völlig unnötig. Ebenso hilft es in der Debatte nicht, das Interview durch die SPD- oder CDU-Brille anzuschauen, und daraus eine Sexismusdebatte zu machen führt am Inhalt vorbei. Auf fragwürdigen Argumenten tendenziös zu insistieren kann ein J.B. Kerner noch viel besser, siehe damaliger Eva-Hermann-Auftritt. Und da hatte keiner über Sexismus diskutiert, hier ist eher Godwins Law schlagend geworden.

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