Momente der Stille sind rar. Laut ist die Welt geworden. Laut und entsetzlich hektisch.
Nachbarn feiern und schreien, Fernseher über die Zimmerlautstärke hinaus. Schuhe klackern auf dem Fliesenboden bis Mitternacht, entrümpelt wird oft am Abend. Der Hund bellt, er darf das. Ich verlasse das Haus. Geschwindigkeitsbegrenzung? In der Stadt doch nicht. Schnell anfahren und schnell wieder bremsen, kurz vor der Kreuzung. Mofafahrer, Motorradfahrer - ewig nervtötende Geräuschquellen. Klack-Klack, Klack-Klack, machen die Autoreifen auf dem Gleistrog der Straßenbahn. Den ganzen Tag lang. Zwei hervorstehende Gullideckel werden kurzerhand überfahren. Klack, klack. Ich wende mich mit Grausen ab, eile zur Straßenbahn. Wenn sie kommt, ist sie oft überfüllt. Und die Mobiltelefone klingeln ununterbrochen. Mehrere Leute telefonieren gleichzeitig, der Rest starrt zombiehaft auf das Display, nimmt die Umgebung nicht mehr wahr. Absicht. Denn öffentlicher Verkehr ist Zeitverschwendung. Überbrückungszeit zwischen zwei Terminen, zwischen Feierabend und Heimkommen, zwischen Wegfahren und Ankommen. Springt das Auto nicht mehr an, braucht man Überbrückungskabel. Entzündet sich der winzige Funke Kreativität nicht mehr, der sich erst in der langweiligen Stille entwickelt, wird die Überbrückungszeit lästig. Ich blicke in gestresste, teilnahmslose Gesichter. Wenn ich sie denn sehe, denn die meiste Zeit schauen die Menschen nach unten, auf ihr Endgerät. Das sie bis an ihr Lebensende verfolgen wird, an sie ketten wird, ohne Möglichkeit, es abzustreifen. Auf ein Handy verzichten? Heute undenkbar. In der Früh um fünf oder halb sechs sitzen die ersten Arbeiter in der Straßenbahn und U-Bahn. Die wenigsten sind ausgeschlafen. Einige lassen sich im Halbschlaf die Großbuchstabenzeitung in die Hand geben, ich weiche trotz Koffeinmangel tapfer aus. Schläfrigkeit begleitet die morgendliche Fahrten, unterbrochen von den ersten Telefonaten, die aus den wenigen, zusammenhängenden Gedankenromanen reißen, die fortgeführte Nachtträume unterbrechen, denn die Ohren hören mit, wollen den Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung ergänzen. Frustriert und energisch reiße ich mich an der Zielhaltestelle los, weg von der Plaudertasche, lieber eine Apfeltasche. Hektik in der U-Bahn, beim Aus- und Einsteigen. Drängler. Ewiggestrige quer durch alle Altersstufen. Rempler von allen Seiten. Sich selbst beim Umdrehen im Weg stehen. Und wieder Telefonate. Telefonate, Telefonate, Telefonate. Privatsphären bilden sich um jede dieser Fremden aus, die andere Fremde mit einschließen, ihre Lebensgeschichte mit ihnen teilen wollen, selbst wenn dieses verbindliche Angebot nicht auf Gegenseitigkeit beruht. Die Stille suchend kapsele ich mich nun selbst ab, stöpsel meinen Mp3-Player ein, kein Ipod, sondern ein Mp3-Player. Auch kein Smartphone mit Kopfhörer, sowas habe ich nicht. Ich bin altmodisch, und höre die Musik, um andere nicht zu hören. Lärmverursacher, die meine Gedanken zu Brei verarbeiten, obwohl daraus so kreative Einfälle resultieren könnten. Baustellen begleiten den Arbeitsalltag. Hämmern, Klopfen, Flämmarbeiten. Wo immer ich wohne, lebe, studiere und arbeite, eine Baustelle ist nicht fern, oder ein Kindergarten. Scheinbar ziehe ich Schulklassen an, wenn ich öffentlich unterwegs bin. Ein leerer Bus undenkbar. Setze ich mich im Regionalzug ins hinterste Abteil, kommen genau dorthin die Schulkinder. Ich habe nichts gegen Kinder. Kinder sind ehrlich, direkt, ihre Emotionen gut lesbar ohne zwischen den Zeilen lesen zu müssen. Doch Kinder hassen die Stille und Bewegungslosigkeit. Der innere Zwiespalt zwischen Toleranz und Geräuschempfindlichkeit. Dann bin ich frei. Ich wandere in die Natur, in die Berge, suche absichtlich weniger begangene Gebiete aus, um Stille zu haben. Die ersten Male fiel mir das Aushalten der Stille noch schwer. Bisweilen stöpselte ich Musik ein, weil die Ruhe unheimlich wurde. Jetzt kann ich sie genießen, absorbiere sie, lasse sie wirken. Erst durch die äußerliche Stille werden die Gedanken hörbar und verknüpfen sich, bilden einen roten Faden, lassen der Kreativität den Freiraum - wie eine komplexe Origami-Figur, deren Einzelteile sich nun zusammensetzen. Die Gedanken sind jetzt beschäftigt. Ich schaue ihnen in aller Seelenruhe zu.
Nachbarn feiern und schreien, Fernseher über die Zimmerlautstärke hinaus. Schuhe klackern auf dem Fliesenboden bis Mitternacht, entrümpelt wird oft am Abend. Der Hund bellt, er darf das. Ich verlasse das Haus. Geschwindigkeitsbegrenzung? In der Stadt doch nicht. Schnell anfahren und schnell wieder bremsen, kurz vor der Kreuzung. Mofafahrer, Motorradfahrer - ewig nervtötende Geräuschquellen. Klack-Klack, Klack-Klack, machen die Autoreifen auf dem Gleistrog der Straßenbahn. Den ganzen Tag lang. Zwei hervorstehende Gullideckel werden kurzerhand überfahren. Klack, klack. Ich wende mich mit Grausen ab, eile zur Straßenbahn. Wenn sie kommt, ist sie oft überfüllt. Und die Mobiltelefone klingeln ununterbrochen. Mehrere Leute telefonieren gleichzeitig, der Rest starrt zombiehaft auf das Display, nimmt die Umgebung nicht mehr wahr. Absicht. Denn öffentlicher Verkehr ist Zeitverschwendung. Überbrückungszeit zwischen zwei Terminen, zwischen Feierabend und Heimkommen, zwischen Wegfahren und Ankommen. Springt das Auto nicht mehr an, braucht man Überbrückungskabel. Entzündet sich der winzige Funke Kreativität nicht mehr, der sich erst in der langweiligen Stille entwickelt, wird die Überbrückungszeit lästig. Ich blicke in gestresste, teilnahmslose Gesichter. Wenn ich sie denn sehe, denn die meiste Zeit schauen die Menschen nach unten, auf ihr Endgerät. Das sie bis an ihr Lebensende verfolgen wird, an sie ketten wird, ohne Möglichkeit, es abzustreifen. Auf ein Handy verzichten? Heute undenkbar. In der Früh um fünf oder halb sechs sitzen die ersten Arbeiter in der Straßenbahn und U-Bahn. Die wenigsten sind ausgeschlafen. Einige lassen sich im Halbschlaf die Großbuchstabenzeitung in die Hand geben, ich weiche trotz Koffeinmangel tapfer aus. Schläfrigkeit begleitet die morgendliche Fahrten, unterbrochen von den ersten Telefonaten, die aus den wenigen, zusammenhängenden Gedankenromanen reißen, die fortgeführte Nachtträume unterbrechen, denn die Ohren hören mit, wollen den Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung ergänzen. Frustriert und energisch reiße ich mich an der Zielhaltestelle los, weg von der Plaudertasche, lieber eine Apfeltasche. Hektik in der U-Bahn, beim Aus- und Einsteigen. Drängler. Ewiggestrige quer durch alle Altersstufen. Rempler von allen Seiten. Sich selbst beim Umdrehen im Weg stehen. Und wieder Telefonate. Telefonate, Telefonate, Telefonate. Privatsphären bilden sich um jede dieser Fremden aus, die andere Fremde mit einschließen, ihre Lebensgeschichte mit ihnen teilen wollen, selbst wenn dieses verbindliche Angebot nicht auf Gegenseitigkeit beruht. Die Stille suchend kapsele ich mich nun selbst ab, stöpsel meinen Mp3-Player ein, kein Ipod, sondern ein Mp3-Player. Auch kein Smartphone mit Kopfhörer, sowas habe ich nicht. Ich bin altmodisch, und höre die Musik, um andere nicht zu hören. Lärmverursacher, die meine Gedanken zu Brei verarbeiten, obwohl daraus so kreative Einfälle resultieren könnten. Baustellen begleiten den Arbeitsalltag. Hämmern, Klopfen, Flämmarbeiten. Wo immer ich wohne, lebe, studiere und arbeite, eine Baustelle ist nicht fern, oder ein Kindergarten. Scheinbar ziehe ich Schulklassen an, wenn ich öffentlich unterwegs bin. Ein leerer Bus undenkbar. Setze ich mich im Regionalzug ins hinterste Abteil, kommen genau dorthin die Schulkinder. Ich habe nichts gegen Kinder. Kinder sind ehrlich, direkt, ihre Emotionen gut lesbar ohne zwischen den Zeilen lesen zu müssen. Doch Kinder hassen die Stille und Bewegungslosigkeit. Der innere Zwiespalt zwischen Toleranz und Geräuschempfindlichkeit. Dann bin ich frei. Ich wandere in die Natur, in die Berge, suche absichtlich weniger begangene Gebiete aus, um Stille zu haben. Die ersten Male fiel mir das Aushalten der Stille noch schwer. Bisweilen stöpselte ich Musik ein, weil die Ruhe unheimlich wurde. Jetzt kann ich sie genießen, absorbiere sie, lasse sie wirken. Erst durch die äußerliche Stille werden die Gedanken hörbar und verknüpfen sich, bilden einen roten Faden, lassen der Kreativität den Freiraum - wie eine komplexe Origami-Figur, deren Einzelteile sich nun zusammensetzen. Die Gedanken sind jetzt beschäftigt. Ich schaue ihnen in aller Seelenruhe zu.